Warteraum Asyl:Routiniert und reibungslos

Die Aufnahme der ersten 188 aus Italien eingeflogenen Flüchtlinge im Warteraum Asyl läuft ohne Probleme. Entgegen der Ankündigung werden die nächsten Gruppen aber erst im Dezember kommen

Von Florian Tempel, Erding

Es läuft eigentlich genauso ab wie vor einem Jahr, und doch ist alles auch ganz anders als im Herbst und Winter 2015. Am Dienstag sind, nach längerer Pause, wieder mehrere Busse voller Flüchtlinge im Warteraum Asyl angekommen. Aber die Busse kamen nicht mit erschöpften und fußkranken Menschen, die sich bis zur bayerisch-österreichisch Grenze durchgeschlagen hatten. Die fünf Busse holten 188 Frauen und Männer am Flughafen München ab, die per Charterflug nach Deutschland eingeflogen wurden.

Die Flüchtlinge, die alle aus Eritrea stammen, sind die ersten, die im Rahmen eines Umsiedlungsbeschlusses der EU aus Italien nach Deutschland kommen. Mit diesem erste Flüchtlingsflieger aus Rom sollte eigentlich der regelmäßige Betrieb im Warteraum Erding wieder beginnen. Tatsächlich wird aber in den kommenden zwei, drei Wochen erneut Leerlauf im Flüchtlingscamp sein. So wie seit Ende Februar, als die Balkanroute für Flüchtlinge gesperrt wurde. Laut Camp-Leiter Volker Grönhagen sind erst wieder für Dezember zwei Flieger, diesmal aus Griechenland, angekündigt. Doch spätestens im kommenden Jahr, glaubt der Chef des Rot-Kreuz-Teams, Tobias Schneider, werden die Flüchtlingsflieger dann so regelmäßig landen, wie es geplant ist. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat es erst kürzlich noch einmal klar gemacht: Jede Woche sollen 500 Flüchtlinge aus Griechenland und 500 aus Italien kommen. Wer ein bisschen nachrechnet, der kommt zu dem Schluss, dass es wohl noch mehr pro Monat werden müssten. Laut den EU-Beschlüssen über die Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen aus Italien und Griechenland soll Deutschland bis September 2017 insgesamt 27 500 Menschen aus diesen beiden Staaten aufnehmen. Um diese Marke zu erreichen, müssten mehr als 2000 Flüchtlinge pro Monat kommen.

Warteraum Asyl: Am Münchner Flughafen sind die Flüchtlinge gelandet, mit Bussen kommen sie nach Erding ins Camp am Fliegerhorst, und werden dort von Bundeswehrsoldaten ins Welcome-Zelt gebracht.

Am Münchner Flughafen sind die Flüchtlinge gelandet, mit Bussen kommen sie nach Erding ins Camp am Fliegerhorst, und werden dort von Bundeswehrsoldaten ins Welcome-Zelt gebracht.

(Foto: Renate Schmidt)

Der EU-interne Umsiedlungsbeschluss ist fast auf den Tag so alt wie die Entscheidung der Bundesregierung, am Fliegerhorst Erding ein Durchgangs- und Verteilungszentrum für Flüchtlinge einzurichten. Der Aufbau des Warteraums Asyl war jedoch nur der chaotischer werdenden Situation an der bayerisch-österreichischen Grenze geschuldet. Die 3500 Schlafplätze, die in alten Tornado-Sheltern und in Volksfestzelten - nun durch Leichtbauhallen ersetzt - aufgebaut wurden, sind nun für die Umsiedler-Flüchtlinge, die mit gecharterten Maschinen einfliegen, viel zu viele.

Dennoch ist der Warteraum Asyl als Ankunftszentrum gut geeignet. Zum einen ist die benötigte Infrastruktur da und die Mitarbeiter kennen die Abläufe. Etwas anderes ist aber ebenfalls wichtig: Der Warteraum Asyl ist eine Einrichtung des Bundes. Die Flüchtlinge betreten nach der Landung am Flughafen München im Erdinger Camp gewissermaßen bundesdeutschen und nicht bayerischen Boden. Eine Bundesbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, ist im Warteraum am Fliegerhorst der Hausherr. Das macht einen Unterschied. Denn die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen ist eigentlich Ländersache. Indem alle neuen Flüchtlinge von Erding aus nach dem Königsteiner Schlüssel auf die verschiedenen Bundesländer aufgeteilt werden, vermeidet der Bund mögliche Diskussionen mit der bayerischen Staatsregierung.

Warteraum Asyl: Alle Neuangekommenen werden erkennungsdienstlich erfasst und ihre Fingerabdrücke gescannt.

Alle Neuangekommenen werden erkennungsdienstlich erfasst und ihre Fingerabdrücke gescannt.

(Foto: Renate Schmidt)

Das Bundesinnenministerium weiß zudem sehr genau, was er noch an Erding hat: Hier gibt es den engagierten Verein Flüchtlingshilfe Erding, der bei der Versorgung der Neuangekommenen hilft. Auf eine SZ-Anfrage beim Bundesinnenministerium wurden die freiwilligen Helfer der Flüchtlingshilfe als wichtige Mitarbeiter ausdrücklich hervorgehoben. Die Flüchtlingshilfe hat in den vergangenen Wochen ihr umfangreiches Lager mit Kleidung und Schuhen für den Winter neu geordnet und sortiert. Der erste Eindruck am Dienstag war allerdings, dass auch die Flüchtlinge aus Eritrea sich ganz gut vorbereitet haben, was warme Kleidung betrifft. Unter den freiwilligen Helfern, von denen sich viele nach längerer Zeit im Camp am Fliegerhorst wieder treffen, waren am Dienstag auch Flüchtlinge, die in der Stadt oder im Landkreis Erding wohnen.

Was ganz anders ist, als beim Hochbetrieb vor einem Jahr: Keiner der eingeflogenen Flüchtlinge will das Camp verlassen und sich auf eigene Faust auf den Weg machen. Alle sind bereits seit Wochen darauf vorbereitet, wie ihre Umsiedlung nach Deutschland ablaufen wird und wo sie nach dem kurzen Aufenthalt in Erding in eine Erstaufnahmeeinrichtung kommen werden.

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