Wang:Um die halbe Welt für ein Lächeln

"Clowns ohne Grenze" in Nepal 2017

Nepalesische Schüler begrüßen das Clowns-Team um Anton Czemmel alias Toni Toss (stehend, rechts) mit einem Willkommens-Glücks-Schal.

(Foto: Sonja Zeyfang/oh)

Anton Czemmel aus Wang ist gerade aus Nepal zurück. Dort hat er mit "Clowns ohne Grenzen" Vorführungen und Workshops absolviert. Mitgebracht hat er auch ein wenig buddhistisches Lebensgefühl

Von Alexander Kappen, Wang

Sicher, es ist schon nervig, wenn man sich hier zu Lande gelegentlich im morgendlichen Berufsverkehr Meter für Meter von Ampel zu Ampel vortastet und hinterher feststellt, dass man für den Weg zur Arbeit mal wieder eine Viertelstunde länger gebraucht hat. Andererseits: Was sollen da erst die Leute in Nepal sagen? "Bei den Straßenverhältnissen dort kann man für 20 Kilometer schon mal drei Stunden brauchen", sagt Anton Czemmel. Er spricht aus Erfahrung. Der Wanger ist soeben aus Nepal zurückgekehrt, wo er mit einem Team des wohltätigen Vereins "Clowns ohne Grenzen" zwei Wochen lang ehrenamtlich vor allem in Schulen und Krankenhäusern auftrat.

Großteils unbefestigte Straßen mit diversen Schlaglöchern, ungenießbares Leitungswasser, zugemüllte Straßen - der Aufenthalt in Nepal war für Czemmel, alias der Clown Toni Toss, ein Trip in eine andere Welt. Eine ärmere Welt, in der die Menschen im Alltag oft nicht allzu viel zu lachen haben. Und genau deshalb treten die "Clowns ohne Grenzen" in Ländern wie Nepal auf - um den Menschen zumindest für kurze Zeit ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Innerhalb von zwei Wochen präsentierte das aus ganz Deutschland zusammengewürfelte Team mit Czemmel, Arne Beeger (Köln), Susie Wimmer (München) und der aus dem Allgäu stammenden Brigitte Megerle in Begleitung der Berliner Fotografin Sonja Zeyfang 21 Shows vor insgesamt knapp 7000 Zuschauern. Dazu kam noch ein Clown-Workshop für Erwachsene. Von seiner zentralen Unterkunft in Kathmandu aus unternahm das Team Tagesreisen, um jeweils bis zu zwei Auftritte zu absolvieren. Obwohl die Routen und der Ablauf vorab geplant waren, mussten die Clowns schon früh umdisponieren. Der örtliche Begleiter, mit dem das Team seine Touren geplant hatte, fiel schon nach zwei Tagen aus, weil sein Vater starb. Und in Nepal ist so ein Trauerfall eine langwierige Angelegenheit, wie Czemmel berichtet. Während der Verstorbene sofort verbrannt wurde, musste dessen Sohn 13 Tage lang trauern. "Er hat sich die Haare abrasieren müssen und war 13 Tage allein in einem Raum, in dem er sich nur Reis kochen und in der Zeit keine Menschen und Tiere berühren durfte."

Zwei Freunde des Trauernden, die beruflich Individual-Touren für Urlauber anbieten und auf dem Gebiet Erfahrung haben, kümmerten sich fortan um die Clowns und brachten sie zu ihren Auftritten im Raum Kathmandu. Etwa zur Cosmic International Academy, einer Privatschule, wo um die 800 Kinder die Show der Clowns sahen. "Da schaust du auf einmal auf diese Unmengen von Kindern, und die sind total nett und offen und sie freuen sich so", erzählt Czemmel, der mit seinen Kollegen erfuhren durfte, dass die Uhren in Nepal ein bisschen langsamer ticken. "Das ist nicht so eine Hetzerei wie bei uns", sagt er: "Da bekommst du erst mal in Ruhe einen Schal umgehängt, und dann gibt es einen Begrüßungstee, der erst mal eine halbe Stunde zubereitet wird." Überhaupt herrsche in dem Land eine gewisse "hinduistisch-buddhistische Gelassenheit - wenn da Müll auf der Straße liegt, wird das schon von Gott gewollt sein, denken sie sich". Eine Müllabfuhr gibt es dort nicht, "da kommen höchstens mal ein paar Jungs und verbrennen den Abfall auf der Straße".

Eine positive Ausnahme ist da das von einem deutschen Verein getragene Koirala-Memorial-Hospital für plastische und Wiederherstellungschirurgie, in dem die Clowns auch auftraten. Neben Wasserfilteranlage, eigenem Brunnen und Bio-Klärwerk verfügt es auch über eine eigene Müllverbrennungsanlage. In Nepal eine absolute Ausnahme.

Das Land ist immer noch von dem Erdbeben vor zwei Jahren gezeichnet, das immense Einbußen in der so wichtigen Tourismusbranche brachte. Und die relativ junge Demokratie in Nepal "funktioniert auch noch nicht", sagt Czemmel: "Die Leute jammern über die verbreitete Korruption, jeder hält die Hand auf - und von dem Spendengeld für die Erdbebenopfer ist viel noch nicht verteilt worden."

Dennoch nimmt der Wanger viel Positives aus diesem so fremden Land mit seinen freundlichen Menschen mit nach Hause. Aus einem Land, das so anders ist. In dem Hakenkreuze keine Nazisymbole sind, sondern mehrere Tausend Jahre alte Glückszeichen, die an jeder Hausecke, auf vielen Kleidungsstücken und Autos zu finden sind. Einem Land, in dem sich die Schuldirektoren nach dem Auftritt der deutschen Clowns auf der Bühne rote Nasen aufsetzen lassen, sich damit quasi selbst zum Clown machen und dafür von der begeisterten Schülerschar wie Stars bejubelt werden. Einem Land, in dem Schüler Schlange stehen, um sich Autogramme von vier Clowns aus Deutschland abzuholen. Und in dem die Schüler wissbegierig und offenbar sehr lernfähig sind, selbst wenn es sich um eine für sie sehr fremde Sprache handelt, die selbst viele Münchner nicht beherrschen. "Immer wenn ich aus einer Schule raus gegangen bin, habe ich ,Pfia de' gesagt", erzählt Anton Czemmel mit einem Schmunzeln, "und dann hat ein großer Chor in perfekter Aussprache geantwortet: Pfia de".

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