Mitbestimmung:Pause für das Jugendparlament

Der Stadtrat stoppt vorerst sämtliche Aktivitäten. Bei der Nominierungsversammlung hatten nur vier junge Erdinger Interesse gezeigt. Eine Wiederbelebung ist nicht ausgeschlossen

Von Antonia Steiger, Erding

Das Jugendparlament gibt es nicht mehr - zumindest vorläufig. Bei der Nominierungsversammlung vor einigen Wochen waren nur eine Handvoll Leute erschienen. 2900 Jugendliche wurden angeschrieben, nur vier erklärten sich dazu bereit, in dem Parlament mitzuwirken. Der Stadtrat war sich daher am Dienstag ganz schnell einig, dass eine Fortführung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn hat. Im Beschluss ist weiter festgehalten, dass die Strukturen auf Antrag wieder aktiviert werden können. Voraussetzung wäre, dass Jugendliche ein Konzept vorlegen. Doch danach sieht es im Moment gar nicht aus.

Es ist das Verdienst einer Gruppe um Christiane Kickum - und vor allem ihrem eigenen Engagement - zu verdanken gewesen, dass sich der Stadtrat nach langen Diskussionen zu einer Satzung für ein Jugendparlament durchringen konnte. Die erste Wahl 2010 verlief noch recht erfolgreich: 16 junge Menschen stellten sich zur Wahl, die dann mit viel Aufwand seitens der Rathausverwaltung durchgezogen wurde. Bei der zweiten Wahl war ein Wahlgang schon nicht mehr nötig, weil sich nicht mehr Bewerber als Sitze fanden. Ebenso bei der dritten Wahl vor zwei Jahren. Die Arbeit sei immer an zwei oder drei Leute hängen geblieben, sagte nun Hubert Sandtner (CSU), der als Jugendreferent das Jugendparlament intensiv begleitet hatte - gemeinsam mit Bartholomäus Aiglstorfer, dem innerhalb der Rathausverwaltung diese Aufgabe zugefallen war. Es sei ein Problem, dass sich ausschließlich Schüler von Realschulen und Gymnasien für eine Mitarbeit im Parlament interessiert hätten, sagte er. Und die hätten Probleme, ihr schulisches Pensum zu schaffen. "Dafür habe ich absolut Verständnis", sagte Sandtner. Er nahm die Jugendlichen in Schutz, wies aber auch darauf hin, dass Aiglstorfer und er Engagement eingefordert hätten. "Sonst wäre gar nichts passiert."

Theoretisch hätte der Stadtrat die Möglichkeit gehabt, das vor zwei Jahren gewählte Jugendparlament im Amt zu belassen. Doch daran dachte keiner. Unterschiedliche Ansätze gab es jedoch, wie weiter zu verfahren sei. So wünschte sich Helga Stieglmeier (Grüne), dass man sich Gedanken machen solle, ob es eine passendere form der Partizipation von Jugendlichen am politischen Prozess finden lasse. Sie führte auch Beispiele an wie etwa eine Kinder-Landesgartenschau oder ein Kinder-Haushalt. Sie sagte, Jugendliche ließen sich eher zu projektbezogener Arbeit animieren. Horst Schmidts (SPD) Wortmeldung, man müsse darüber nachdenken, ob man Fehler gemacht habe, bekamen dann einige in den falschen Hals. Die Verwaltung müsse er vor solchen Vorwürfen in Schutz nehmen, sagte OB Max Gotz (CSU). Er sei nicht bereit, eine Minute mehr Arbeitszeit eines Mitarbeiters für das Jugendparlament zu opfern. Auch Sandtner sagte, man habe nicht mehr tun können. Keiner habe nachlässig gearbeitet. Ludwig Kirmair (CSU), der frühere Rektor der Mädchenrealschule Heilig Blut, wies den Vorwurf zurück, die Schulen hätten sich stärker einbringen müssen.

Wie Aiglstorfer erläuterte, hatte die Stadt alle wahlberechtigten Jugendliche angeschrieben und sie über das Parlament informiert. Dann war sechs Wochen Zeit, um sich zu bewerben. Vier Bewerbungen gingen ein, davon kamen zwei zur Versammlung. Dort entschied sich eine weitere junge Frau, zu kandidieren. Insgesamt waren acht Jugendliche gekommen, darunter vier vom aktuellen Parlament, ein Mitglied hätte sich eine Wiederwahl vorstellen können. Der Stadtrat muss laut Satzung entscheiden, wie es weiter geht, wenn es weniger als neun Bewerber gibt, insgesamt sollte das Parlament 13 Mitglieder haben. Gegen die Stimmen von Helga Stieglmeier und Günther Kuhn (Grüne), Hans Schmidmayer und Horst Schmidt (SPD) beschloss der Stadtrat, die Amtszeit des Parlaments nicht zu verlängern. Die vier hätten gerne gesehen, dass man sich darum bemüht, die Jugendlichen auf andere Weise einzubinden. Der Beschluss, das Parlament auf Antrag wiederzubeleben, fiel einstimmig.

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