Verhandlung wird fortgesetzt:Lohn für Zivilcourage endet mit Tritten

Zwei Jugendliche attackieren 31-Jährigen, der sie beim Randalieren stoppen wollte. Die Identität des zweiten ist noch ungeklärt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Attacke auf den 31-Jährigen in der Nacht des 8. Oktobers 2016 in Taufkirchen war äußerst brutal und schmerzreich und der Lohn dafür, dass er gegen 1.30 Uhr zwei Jugendlich davon abhalten wollte, weiter Mülltonnen umzuwerfen und zu lärmen. Sie schlugen ihm ins Gesicht und traten ihn in die Seite sowie den Genitalbereich. Wer der eine Täter war, zeigte sich am Amtsgericht schnell: ein 20-Jähriger, der Richter Michael Lefkaditis wohl bekannt ist aus früheren Verhandlungen. Der 20-Jährige gab zwar vor Gericht an, dass er zur Tatzeit völlig betrunken gewesen sei und sich an nichts mehr erinnern könne, aber DNA-Spuren und Zeugenaussagen belasten ihn massiv. Der zweite Angeklagte, ein befreundeter, ebenfalls 20-Jähriger, leugnete dabei gewesen zu sein. Der Geschädigte will ihn aber eindeutig wieder erkannt zu haben. Um letzte Zweifel zu beseitigen, sollen in einer Folgeverhandlung am 8. August zwei weiter Zeugen vorgeladen werden.

Der Vorfall selber war nach den Ermittlungen und Zeugenaussagen unumstritten. Zunächst warfen laut einer Zeugin, die alles aus dem Fenster ihre Hauses gesehen hatte, zwei Jugendliche, einer mit Baseballkappe und auffallend weißen Turnschuhen, Mülltonnen in der Straße um und verstreuten den Inhalt. Als einer Licht in einem Fenster entdeckte, schlug er mit Wucht gegen die Fensterscheibe. Danach sei er zum Haus der Zeugin gegangen. Diese habe ihm vom Fenster im Obergeschoss hinunter gerufen, dass sie den Unfug sein lassen sollten sonst rufe sie die Polizei. Die Antwort folgte in wüsten Beschimpfungen und Tritte gegen die Jalousie im Erdgeschoss. Auf die Bezahlung des Schadens in Höhe von 430 Euro und eine Entschuldigung warte sie trotz zwei Briefen einer Rechtsanwältin an den Angeklagten noch heute, sagte die Zeugin. Die DNA in Speichelspuren an der zerstörten Jalousie führte die Polizei dann auch zu dem einen 20-Jährigen.

D er gab vor Gericht an - beide waren ohne Verteidiger erschienen -, dass er vorher starke Problem mit seiner Freundin gehabt habe und deshalb auch immer viel Alkohol konsumiert habe. Er könne sich nur noch erinnern, dass er am Bürgerplatz abends mit einer Flasche Wodka angefangen habe. Die Zeugen sagten allerdings alle, dass er nicht total betrunken gewesen sei. Er habe sich deutlich artikuliert, wenn auch überwiegend mit Beleidigungen wie "Du Schlampe" oder "Dich mach ich kalt". Außerdem habe er auch beim Gehen keine Auffälligkeiten gezeigt. Ihrer Meinung nach sei der Täter eher außer sich vor Wut gewesen.

Nach dem Tritt gegen die Jalousie seien beide weiter gegangen, berichtete die Zeugin. Wobei ihr aufgefallen sei, dass der eine Jugendliche sich nicht an den Aktionen beteiligt habe. Sie habe sie dann kurz aus den Augen verloren. Wenig später seien drei Personen zurück gekommen. Die erste Person habe den Eindruck erweckt zu flüchten, zwei Jugendliche waren hinter ihm. Einer der mit den weißen Turnschuhen, der andere sei ein anderer Jugendlicher als der zuvor gewesen. Die Attacke auf den 31-Jährigen habe sie zwar nicht beobacht, aber ihr Mann, der inzwischen die Polizei alarmiert hatte. Die beiden Täter seien geflüchtet, als Anwohner aus den Häusern gekommen seien. Auf der Straße sei der 31-Jährige mit sichtlichen Schmerzen gesessen.

Auf die Spur des zweiten wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten 20-Jährigen führte die Polizei eine Whatsapp-Nachricht von ihm an seinen Freund kurze Zeit davor. Er fragte ihn, wo er denn sei, er komme dann. Sein Akku sei ziemlich leer. "Das wollte ich, bin ich aber dann nicht. Das beweist gar nichts", sagte der Angeklagte. Wenn er beteiligt gewesen sei, würde er das sagen. Er sei ein ehrlicher Kerl.

Jetzt soll ein weiterer Freund des bereits überführten Angeklagten gehört werden, beziehungsweise vom Geschädigten begutachtet werden. Auch ein "alter Bekannter" vor Gericht. Der sehe beiden ähnlich. Erkennt der Geschädigte ihn nicht als Täter, dann "schaut es nicht gut aus für sie", sagte Richter Lefkaditis. Zumal beide bereits etliche Einträge im Bundeszentralstrafregister haben. Von Diebstahl über Beleidigung bis hin zu Trunkenheit im Verkehr und Körperverletzung.

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