Verhandlung in Erding:In vollem Bewusstsein

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Ein betrunkener Mann versucht, seine Ehefrau zu vergewaltigen. Jetzt wurde er vom Amtsgericht verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Sexuelle Nötigung ist auch in der Ehe kein seltenes Gewaltdelikt, aber wird in vielen Fällen von den Opfern nicht angezeigt. Anders bei einem Fall, der vor dem Erdinger Amtsgericht verhandelt wurde. Ein erheblich betrunkener 50-jähriger Mann aus Moosburg versuchte Ende April 2016, seine Ehefrau zu vergewaltigen. Vollzogen wurde die Tat letztlich nicht, weil sich das Opfer vehement wehrte, aber sie wurde im vollen Bewusstsein des Angeklagten ausgeführt. In seinem Geständnis vor dem Amtsgericht bestätigte der Täter das. Seine damalige Frau hatte ihn während der gewalttätigen Versuche, sie auszuziehen, gefragt, ob er denn wisse, was er hier mache; worauf er antwortete, dass ihm das schon klar sei. Weiter machte er trotzdem. Das Schöffengericht verurteilte ihn schließlich zu zwei Jahren Freiheitsstrafe - ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, sowie zu mindestens 1500 Euro Schmerzensgeld.

Es war der zwölfte Hochzeitstag, wie während der Beweisaufnahme bekannt wurde, als der Angeklagte von einem Fußballspiel in Stuttgart mit dem Zug gegen 22 Uhr zurück nach Moosburg kam. An dem Tag hatte er ordentlich dem Alkohol zugesprochen. Der Angeklagte sagte, ein Kasten Bier sei es schon gewesen. Aus einer späteren Blutentnahme lässt sich ein Alkoholwert von mehr als zwei Promille zur Tatzeit annehmen. Seine damalige Frau wollte eigentlich nett sein zu ihm und hatte ihn deshalb mit dem Auto am Bahnhof abgeholt, wie sie bei der Polizei am Tag danach aussagte. Sie habe schnell gesehen, dass er stark alkoholisiert war. In der Wohnung wollte er sie dann in der Küche in dem Arm nehmen, was die Frau aber nicht zuließ. Als sie kurz später im Wohnzimmer auf der Couch gesessen sei, habe er es erneut versucht. Und wieder habe sie ihn abgewehrt. Als sie aufgestanden sei, habe er sie mit beiden Händen auf das Sofa zurück geschubst und sich auf sie gelegt. Sie wehrte sich, beide landeten auf dem Boden. Obwohl sich die Frau trotz ihrer Hüftprobleme mit Händen und Füßen gewehrt habe und ihn sogar in die Schulter biss, ließ der Mann nicht ab. Es gelang ihm sogar, ihre Jeans samt Slip auszuziehen. Dass er nicht in sie eindringen konnte, lag wohl einerseits am Alkohol, andererseits an ihr, die immer wieder ihre Hand davor schob.

Beim Schubsen war das Handy in Griffnähe auf die Couch gefallen. Während der Angeklagte weiter versuchte, die Frau zu vergewaltigen, rief ihre gemeinsame Tochter an. Sie ging ans Telefon und sollte die Polizei holen. Als der Angeklagte seinem Opfer das Handy aus der Hand schlug, blieb die Verbindung allerdings bestehen und die Tochter und eine bei ihr anwesende Freundin konnten mit anhören, wie sich die Mutter gegen den 50-Jährigen wehrte. Letztlich ließ ihr damaliger Ehemann doch von ihr ab und sie flüchtete aus dem Haus. Davor wartete ihre Tochter im Auto. Dort blieben sie, bis die Polizei eintraf.

Der Angeklagte gab bei der Vernehmung bei der Polizei am nächsten Tag an, dass er sich an das Geschehen vom Zeitpunkt an des Abholens am Bahnhof nicht mehr recht erinnern könne. Die habe erst wieder eingesetzt, als ihm die Beamten im Schlafzimmer ins Gesicht geleuchtet hätten.

Die Ehefrau, der durch das Geständnis einer erneute Aussage vor Gericht erspart blieb, sagte bei der Polizei aus, dass es wegen des Alkoholkonsums ihres Mann schon im vierten Ehejahr Streit gegeben habe. Schlimmer sei es Anfang 2016 geworden. Erst wenige Wochen zuvor habe er sie an die Wand gedrückt, sie beleidigt und ihr eine Teller aus der Hand geschlagen und diesen dann an seinem Kopf zerbrochen. Dann habe er ihr gedroht, er gehe zur Polizei und sage, dass sie das war. Seitdem habe sie etwas Angst vor ihm gehabt. Mittlerweile sind die beiden geschieden, haben - außer über Anwälte - keinen Kontakt mehr. Der Angeklagte wohnt nicht mehr in Moosburg.

Aus der Untersuchungshaft hatte der 50-Jährige einen Brief an die Tochter geschrieben und sie gebeten, ihrer Mutter zu sagen, dass im der Vorfall leid tue. Ein Täter-Opfer-Ausgleich war im Vorfeld gescheitert. Der Anwalt der Frau hatte 5000 Euro Schmerzensgeld gefordert, der Angeklagte über seinen Verteidiger angeboten, sie könne Haushaltsgegenstände und ein Auto behalten. Das veranlasste den Anwalt der Frau zur Aussage, dass der Angeklagte sich offenbar der Schwere seiner Tat überhaupt nicht bewusst sei. Zudem habe die Frau die Geräte bezahlt und das Auto werde wegen der ausstehenden Kreditraten sowieso zurückgehen.

Mit dem Urteil bewegte sich das Schöffengericht unter Richter Björn Schindler unter der Forderung der Staatsanwältin. Diese hatte auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten plädiert - ohne Bewährung.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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