Unterricht und Wirtschaft:Eine Win-Win- Situation?

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Die Erdinger Schulleiter sollten transparent darlegen, wen sie sich ins Klassenzimmer holen

Von Mathias Weber

Billig ist das sicher nicht: Am Donnerstagmorgen, als Umweltministerin Ulrike Scharf das Projekt "Rohstoffwochen" am Korbinian-Aigner-Gymnasium vorgestellt hatte, wurde nicht gespart. Das Bio-Buffet war großzügig und ansprechend, zu trinken gab es teure Bio-Limonade und bestes Mineralwasser. Für jeden Teilnehmer gab es ein kleines Namensschild, und auf den mit weißen Tischdecken und kleinen Pflänzchen geschmückten Bistrotischen lag Werbematerial in ausreichender Zahl: Gummibärchen, Kugelschreiber und Flyer rufen dazu auf, seinen Elektroschrott zu recyceln. Das ist auch das Ziel eines Computerspiels, das extra für die "Rohstoffwochen" gestaltet wurde; "Recycling Master" heißt es.

Man merkt sofort, hier gibt sich jemand Mühe, hier steckt Geld drin. Geld der Wirtschaft: Am Ende ist es die Leuchtmittelindustrie, die für diese Veranstaltungsreihe zahlt. Wer die Augen nicht mit Absicht verschließt, sieht, dass im Rahmen dieser "Bildungsinitiative" Positionen der Wirtschaft in die Bevölkerung getragen werden sollen - durch Schüler, die am Donnerstag ganz offen als "Multiplikatoren" bezeichnet wurden. Sie vervielfachen jetzt die Erkenntnisse, die sie im (offenbar pädagogisch durchaus hochwertigem) Unterricht des Umweltreferenten gelernt haben. Sie können ihre Eltern und Freunde darauf hinweisen, wie und wo man Elektroschrott am besten entsorgen kann. Die Industrie freut's, je mehr Leuchtmittel zum Beispiel recycelt werden, desto mehr teure Rohstoffe spart man sich später bei der Produktion.

Eine Win-Win-Situation also? Schüler lernen, Unternehmen werben? Zumindest ist zu erwarten, dass sich die Schulleiter Gedanken darüber machen, wen sie sich da in ihre Klassenzimmer holen. Und sie sollten das dann auch transparent den Schülern erklären. Vielleicht hätte der ein oder andere Schüler eine andere Sicht auf die Aktionswoche, wenn er wüsste, dass das T-Shirt, das er für das Abschlussfoto anziehen muss ("Ich bin ein Trenn-Setter"), von der Marketingabteilung eines Leuchtmittelherstellers bezahlt wurde.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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