Ungewöhnliche Veranstaltung:Probeliegen im Sarg

Informationsmesse "Mein letzter Weg" in der Stadthalle greift das Thema Tod auf

Von Nadine Kellner, Erding

"Jeder schließt eine Versicherung gegen Feuer ab, obwohl es vielleicht nie brennt. Aber das, was für jeden hundertprozentig eintritt, schiebt man weg", sagt Christine Unangst vom Christophorus Hospizverein Erding. Sie hält einen Vortrag auf der Informationsmesse "Mein letzter Weg" in der Stadthalle Erding. Am Wochenende, 25. und 26. November, zum Totensonntag, findet sie statt - als ein Novum, das dem Tabuthema Tod ein Forum bieten will.

Es ist ein Pilotprojekt, das ein breit gefächertes Thema bündelt. Nicht nur auf rechtliche Fragen zu Vorsorge und Vollmacht werden Antworten geboten, außergewöhnliche Aussteller und Vortragende machen das moderne Sterben zum Thema. So kann man das "grüne" Krematorium Hermau fragen, wie nachhaltige Bestattung aussieht. Das "Prinzip Apfelbaum" aus Berlin wird beantworten, wie Menschen mit ihrem Nachlass Gutes bewirken können. Und der Künstler Alfred Opiolka ist mit echten Särgen vor Ort, die Messebesucher bemalen und in denen sie probeliegen dürfen. Eine so konzentrierte Messe zum Thema gebe es in Süddeutschland nicht, meint Jutta Kistner, Geschäftsführerin der Stadthalle, bei einer Pressekonferenz.

Bei der Organisation der Veranstaltung seien sie und Projektleiterin Sabine Jäger vom Messeservice Detlef Garthen oft mit verwunderten Blicken konfrontiert worden. Die Idee, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, kam durch den Tod ihres Vaters. Neben der Trauer hätte sie plötzlich mit organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Fragen zu kämpfen gehabt. Man würde in etwas hineingeworfen, von dem man keine Ahnung habe - und mit dem man in den meisten Fällen nicht rechne. In der Region gebe es aber breite Initiativen und Hilfestellungen, auf die nur eben aufmerksam gemacht werden müsse.

"Es wird eine sehr ungewöhnliche, einmalige Veranstaltung", sagt sie. Neben klassischen Kreuzen und Grabsteinen wird es Bio- und Wasser-Urnen geben, Grabmale aus Metall und Glas und die Särge der Allgäuer Art Galerie, die mit großen farbigen Blumenmotiven den Ton zwischen Andacht und Zuversicht treffen möchte. Aus den Niederlanden reist der Pädagoge Richard Hattink an, der mit "Bestattungsspielzeug" aus Lego Kindern Tod und Sterben einfühlsam erklärt. Und die GmbH Nano Solutions wird mit ihrer Erinnerungs- und Fingerprintschmiede zeigen, dass man den geliebten Verstorbenen nicht nur im Herzen mit sich tragen kann: Sie schließen winzige Partikel der Asche in Schmuckstücke ein.

"Der Tod ist heute nicht mehr so selbstverständlich geregelt wie früher. Viele sind nicht mehr in der Kirche, deshalb entfällt der vorgezeichnete Weg", sagt Kistner. "Es gibt außerdem heute viele Möglichkeiten. Aber die erfordern Entscheidungen und diese wiederum Informationen." Der Fokus läge auf den 22 Vorträgen. Die begleitende Messe aber sei das richtige Format für das sehr persönliche Thema, denn die Besucher sollen das Gespräch suchen können. Es werden detaillierte Informationen zu Hospiz- und Palliativstationen, Bestattungsplanung, Patientenverfügung und rechtlicher Vorsorge geboten. Auch aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden angesprochen. Denn was wird denn aus dem Facebook-Account, wenn der Besitzer nicht mehr da ist? Ein Vortrag zum digitalen Nachlass wird auch diese Frage ansprechen.

Die Veranstaltung richtet sich sowohl an jene, die nicht möchten, dass ihre Hinterbliebenen nach dem Tod zusätzlich mit Organisatorischem belastet werden, als auch an die große Gruppe von Menschen, die noch nie an das Thema gedacht haben. "Diese Messe wird helfen, der Wahrheit auch des letzten Weges ins Auge zu sehen", sagte der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer, der für den Schirmherr, Landrat Martin Bayerstorfer, bei dem Pressegespräch anwesend war. Auch das Landratsamt wird mit seinem Beratungsprogramm vor Ort sein. Schwimmer geht davon aus, "dass die Veranstaltung ein voller Erfolg wird", wie er sagte. Eine Wiederholung der Infotage ist für die nächsten Jahre ebenfalls angedacht.

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