Umweltschutz:Unbeirrt weiterarbeiten

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Unermüdlich im Einsatz gegen die Startbahn: Reinhard Kendlbacher (2.v.l.) im März 2015 mit (v.l.) Oswald Rottmann, Wolfgang Herrmann und Peter Geiger bei einer Podiumsdiskussion der CSU im Asamfoyer. (Foto: Marco Einfeldt)

Reinhard Kendlbacher und seine Mitstreiter im Bürgerverein messen mit zwei Geräten die Ultrafeinstaub-Belastung im Flughafenumland. Was sie bisher vermissen, ist die Unterstützung durch die Politik

Interview Von Johann Kirchberger, Freising

Seit fast zwei Jahren macht der Bürgerverein auf die Gefahren der Ultrafeinstaubbelastung aufmerksam. Mit nunmehr zwei Messgeräten fahren die Experten des Vereins durch das Umland und messen die Ultrafeinstaubpartikel. Die SZ hat Reinhard Kendlbacher, den Vorsitzenden des Bürgervereins, gefragt, was ihn und seine Mitstreiter antreibt und wie sie mit ihrer Aufklärungsarbeit vorankommen.

SZ: Was ist Ultrafeinstaub und warum ist er so gefährlich?

Kendlbacher: Ultrafeinstaub ist vergleichbar mit Radioaktivität, man hört ihn nicht, man sieht ihn nicht. Ultrafeinstaub besteht aus kleinsten Feinstaubpartikeln mit weniger als 0,1 Mikrometer, fast schon Molekülgröße (100 Nanometer). Sie sind deshalb so gefährlich, da sie wegen ihrer geringen Größe lungengängig sind, in die Blutbahn gelangen, die Zellwände durchdringen und in alle Organe bis ins Gehirn verteilt werden können. Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, erhöhten Blutdruck zu bekommen oder an Lungenkrebs zu erkranken, wird damit deutlich erhöht. Verschärft wird das Risiko noch, da im Kerosin auch noch sogenannte Additive enthalten sind, die sich beim Verbrennen in hochgiftige Moleküle verwandeln und an die Partikel anlagern.

Alle reden von der Schadstoffbelastung durch Dieselfahrzeuge. Warum interessiert sich niemand für den Schadstoffausstoß von Flugzeugen?

Es besteht offenbar bezüglich des Ausstoßes von Schadstoffen bei Flugzeugen kein öffentliches Interesse. Es sind bei weitem nicht so viele Menschen unmittelbar und direkt betroffen. Außerdem ist zu vermuten, dass seitens der Luftverkehrsindustrie massiv darauf gedrängt wird, dieses Thema zu ignorieren. Ihr helfen auch die technischen Verbesserungen, dank derer man keinen schwarzen Rauch mehr sieht. Dabei sind jetzt viel mehr Ultrafeinstaubpartikel unsichtbar in der Luft als früher.

Warum werden die vom Bürgerverein ermittelten Messergebnisse von der FMG nicht anerkannt?

Die FMG beruft sich alleine auf die Grenzwerte bei Feinstaub. Solange es bei Ultrafeinstaubpartikeln keine Grenzwerte gibt, wird und will sich die FMG mit dem Problem nicht auseinandersetzen. Sie schiebt die Verantwortung der Politik zu, wobei der Bund zuständig wäre und MdB Irlstorfer die Verantwortung nun der EU zuschiebt. So ist niemand direkt angesprochen und natürlich auch nicht verantwortlich. Das ist ein Freibrief für die Flughafenbetreiber, den Flugbetrieb ungezügelt weiter auszubauen.

Die FMG verweist auf ihre eigenen Messstationen und behauptet, die Luft sei sauber, alle Grenzwerte würden eingehalten.

Die FMG erfasst generell keine Ultrafeinstaub-Werte, behauptet aber, die Luft sei sauber. Das ist besonders erschreckend, da gerade beim Rollverkehr der Flugzeuge die meisten Ultrafeinstaubpartikel entstehen. Bezüglich der Messungen von Feinstaub stehen im Übrigen die Messstationen völlig falsch, darauf haben wir die FMG hingewiesen. Erfolglos natürlich.

Was wären denn die Konsequenzen, würden Flughafenbetreiber die Belastung ernst nehmen?

Es müsste als Erstes die irreführende Behauptung, die Luft in der Flughafenregion sei gut, zurückgenommen werden. Unnötige Flüge müssten unterbleiben, Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagert und die Subventionierung von Fluggesellschaften eingestellt werden. Im Fokus muss stehen: vermeiden, vermeiden, vermeiden!

Die Bevölkerung nimmt das Problem kaum zur Kenntnis. Warum kommt es da nicht zu einem Proteststurm?

Die unmittelbar betroffene Bevölkerung war bislang nicht ausreichend oder überhaupt nicht informiert. Man sieht die Partikel auch nicht. Wir sind dabei, durch intensive Aufklärung etwa mit der Lungenfachärztin Heidi Bisping-Arnold, diese unerfreuliche Sachlage zu beseitigen. Außerdem erhalten wir seitens der Regierungspartei keinerlei Unterstützung, obwohl es Aufgabe der Politik wäre, die Bevölkerung aufzuklären.

Warum nehmen Politiker die Belastung nicht zur Kenntnis?

Diese Frage stellen wir uns täglich. Wir haben in regelmäßigen Abständen die Herren Herrmann und Irlstorfer informiert, zu unseren Veranstaltungen eingeladen. Leider bislang ohne Erfolg.

Wie stark treffen Sie die Vorwürfe, im Bürgerverein versuchten selbsternannte Fachleute, mit nicht zugelassenen Messgeräten ein Horrorszenario zu zeichnen?

Wir sind über diese Missachtung und Ignoranz sehr erstaunt. Doch es geht ja nicht um uns, sondern um die Sache, das heißt, wir müssen über den Dingen stehen, wir stellen mit unseren Messungen lediglich Tatsachen fest und weisen auf die gesundheitsschädlichen Belastungen hin, die uns der Flughafen zufügt. Diese Aktivitäten werden wir unbeirrt fortsetzen.

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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