Umfassendes Geständnis:Bewährungsstrafe wegen Kinderpornografie

Lesezeit: 2 min

50-jähriger Dorfener sammelt seit den Anfängen des Internets 2700 Gigabyte an Bildern und Videos. Das Gericht verurteilt ihn zu einem Jahr und drei Monaten und einer Therapie, und er muss 10 000 Euro Gutachterkosten zahlen

Von Thomas Daller, Erding/Dorfen

Mehr als 70 000 kinderpornografische Bilder und Videos hat ein 50-jähriger Arbeiter aus Dorfen gesammelt. Weil er dafür eine Software genutzt hat, die dem gegenseitigen Austausch der Daten dient, hat er damit dieses Material auch anderen Pädophilen zum Download zur Verfügung gestellt. Vom Amtsgericht Erding wurde er nun wegen "Besitzverschaffung kinderpornografischer Schriften" zu einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Darüber hinaus muss er sich einer ambulanten Therapie unterziehen.

Die Polizei hatte von den so genannten Cybercops des Bundeskriminalamtes einen Hinweis auf den 50-Jährigen bekommen, weil die IP-Adresse seines Computers in einem anderen Fall aufgetaucht war. Daraufhin hatte die Kriminalpolizei Erding in seiner Wohnung den Computer und mehrere externe Festplatten beschlagnahmt, auf denen sich laut einem IT-forensischen Gutachten zu 85 Prozent strafrechtlich nicht relevantes Material befand. Also um FKK-Bilder von Mädchen beispielsweise. Der Rest war jedoch Hardcore: Videos von Missbrauchshandlungen unter 14 Jahren, sogar Geschlechtsverkehr mit Kleinkindern und Säuglingen. Diese riesigen Datenmengen von 2700 Gigabyte hatte er seit Mitte der 1990er Jahre gesammelt, als das Internet populär wurde. Angefangen habe er mit Nudisten-Magazinen, in denen nackte Mädchen abgebildet waren, sagte der Angeklagte.

Landgerichtsarzt Hubert Näger kam in seinem Gutachten über den 50-Jährigen zu dem Schluss, dass der Mann "ausschließlich auf Fantasieebene" von Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren erregt werde. Er habe seine Neigung unter Kontrolle und nie die Nähe von Mädchen in Schwimmbädern oder auf Spielplätzen gesucht. Er habe einen durchschnittlichen Intelligenzquotienten, eine introvertierte Persönlichkeitsstruktur, wenig soziale Kontakte und sei gehemmt und unsicher.

Der Angeklagte beteuerte vor Gericht, er würde "nie im Leben" einem Kind etwas antun. "Ich habe nur immer die Bilder angeschaut." Er hätte auch kein Interesse an den Hardcore-Bildern und Videos gehabt. Aber weil er die Bilder meist in großen Datenpaketen heruntergeladen habe, hätten sich auch die inkriminierten Hardcore-Dateien darunter befunden. Um die Bilder nicht weiter zu verbreiten, habe er die Daten immer auf externen Festplatten gespeichert und dann den Inhalt seines File-Sharing-Programms gelöscht. Seit der Hausdurchsuchung durch die Polizei im Dezember 2015 habe er sich auch keine Bilder mehr angesehen und wolle dies auch nie wieder tun. Außerdem sei er bereit, eine Therapie zu machen. Er habe sich auch selbst schon nach Therapieangeboten umgesehen, aber bislang noch nichts gefunden, was sich mit seinen Arbeitszeiten vereinbaren ließe.

Die Staatsanwaltschaft konnte dem Angeklagten unter Berufung auf die Erkenntnisse des Bundeskriminalamtes 35 Fälle nachweisen, in denen er Dateien aus dem Internet heruntergeladen hatte. Sie räumte straferleichternd ein, dass er keinerlei Vorstrafen habe und eine positive Sozialprognose. Außerdem habe er ein umfassendes Geständnis abgelegt. Sie nahm ihm jedoch die Behauptung nicht ab, dass er kein Interesse an den Hardcore-Bildern gehabt habe. Denn diese Bilder und Videos waren auf seinen Festplatten unter Kategorien wie "Babysex" auch abgelegt worden. Sie forderte ein Jahr und sechs Monate zur Bewährung, außerdem eine Sexualtherapie.

Rechtsanwalt Florian Zenger, der den Angeklagten verteidigte, betonte, dass ein großer Teil der Daten nicht strafbar sei, sondern aus dem Bereich des Nudismus stamme. Das Hardcore-Material habe sich angesammelt, weil sein Mandant "relativ willkürlich" runtergeladen habe. Er habe sich offen damit auseinandergesetzt und glaubwürdig geschildert, dass er künftig ohne Kinderpornografie auskommen werde. Eine Bewährungsstrafe unter einem Jahr sei daher ausreichend.

Richter Andreas Wassermann hielt ein Jahr und drei Monate sowie eine Therapie für angemessen. Der Angeklagte habe eingesehen, dass er Unrecht begangen habe. Außerdem müsse er auch noch Gutachterkosten in Höhe von 10 000 Euro zahlen.

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: