Trickserei mit Sozialabgaben:Job-Sharing als Betrugsmodell

Illegale Sparmaßnahmen: Ein privater Pflegeunternehmer aus dem Landkreis Erding soll im großen Stil Sozialabgaben hinterzogen haben

Florian Tempel

Gegen den Inhaber eines privaten Pflegeunternehmens im Landkreis Erding wird wegen Hinterziehung von Sozialabgaben im großen Stil ermittelt. Der Unternehmer soll jahrelang mehrere vollbeschäftigte Mitarbeiter nur als Teilzeitkräfte oder Minijobber angemeldet haben, wodurch er und seine Mitarbeiter sich Arbeitgeber- beziehungsweise Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von mehreren hunderttausend Euro gespart hätten.

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Trickserei mit Sozialabgaben: Gegen 17 Mitarbeiter eines Erdinger Pflegeunternehmens wurde bereits Strafbefehl erlassen.

(Foto: ag.ddp)

Gegen 17 Mitarbeiter des Pflegeunternehmens hat die Staatsanwaltschaft Landshut wegen Beihilfe zum Sozialabgabenbetrug bereits Strafbefehle zwischen 450 und 2500 Euro erlassen, teilte das Hauptzollamt Landshut mit. Der Unternehmer wollte zu den Vorwürfen gegen ihn nichts sagen. Die laut Zoll jahrelang geübte Praxis in dem Unternehmen war ein betrügerisches sogenanntes Job-Sharing-Modell, bei dem sich vermeintlich mehrere Arbeitnehmer einen Vollzeitarbeitsplatz teilten.

Tatsächlich arbeitet aber nur einer und die anderen im Bunde taten nichts, außer ihren Namen oder ihre Lohnsteuerkarte zur Verfügung zu stellen. Im konkreten Fall seien unter anderem Ehe- oder Lebenspartner "nur auf dem Papier" bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen, sagte eine Sprecherin des Zolls.

Dieses illegale Arbeitszeitmodell ist für beide Seiten lohnend, da sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer dadurch gleichermaßen Sozialabgaben sparen. Im Mai 2008 informierte eine Mitarbeiterin der Firma das Finanzamt über die illegalen Sparmethoden in ihrem Unternehmen. Die Steuerfahnder gaben den Fall an die Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) beim Landshuter Hauptzollamt weiter.

Die FKS rückte aber erst im September 2009 zur Durchsuchung in dem Unternehmen an und stellte Personal- und Buchhaltungsunterlagen sicher. Anhand der ordentlich geführten Akten, seien die zahlreichen und über Jahre gelaufenen Tricksereien "für uns gut nachvollziehbar" gewesen, sagte die Zollsprecherin. Da die Nichtabführung von Sozialabgaben wie auch Steuerhinterziehung nach fünf Jahren verjährt, beziehen sich die Ermittlungen nur auf einen entsprechenden Zeitraum .

Oberstaatsanwalt Markus Kring, der für Wirtschaftsdelikte bei der Staatsanwaltschaft Landshut zuständig ist, nannte die Ermittlungen im Fall des Pflegeunternehmers "ein Standardverfahren". Die Hinterziehung von Sozialabgaben "auch in dieser Größenordnung, ist leider nichts Ungewöhnliches und keine Seltenheit mehr". Seine Abteilung bearbeite pro Jahr über ein Dutzend vergleichbarer Fälle.

Die Höhe der hinterzogenen Sozialabgaben sei nicht unbedingt das wichtigste Kriterium bei der Einstufung, wie schwerwiegend ein solcher Fall sei. Das hier angewandte trickreiche "Abschleifen der Beitragspflichten am Rande" sei in seinem "Unrechtsgehalt" weniger schwerwiegend einzustufen, als wenn ein Unternehmer ganz und sonders nur Schwarzarbeiter beschäftigte.

Wenn der Nachweis des Sozialabgabenbetrugs gelinge und der Verantwortliche den Schaden wiedergutmache, werde auch das strafmildernd berücksichtigt, sagte Kring. Dennoch komme man bei einem höheren sechsstelligen Schaden für die Sozialversicherungen "in den Bereich, wo es um die Frage Freiheitsstrafe mit oder ohne Bewährung" gehe.

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