Taufkirchener Brauerei:Ein Fest zum Doppeljubiläum

Taufkirchener Brauerei: Der mächtige Brauereikomplex in den 1920er Jahren wirkt fast wie eine Industrieanlage. 1917 wurde die Genossenschaft gegründet.

Der mächtige Brauereikomplex in den 1920er Jahren wirkt fast wie eine Industrieanlage. 1917 wurde die Genossenschaft gegründet.

(Foto: Archiv Brauerei (Grafik))

Die Taufkirchener Brauerei wird 375 Jahre alt und als Genossenschaft feiert sie ihr 100-jähriges Bestehen. Es ist die Geschichte eines Unternehmens, das auch die Wallfahrt und den Bau der Bahnstrecke veränderte

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Die Taufkirchener Brauerei feiert ein ungewöhnliches Doppeljubiläum: Die erste urkundliche Erwähnung der Braustätte liegt 375 Jahre zurück und die Gründung als Genossenschaft erfolgte im Jahr 1917, also vor 100 Jahren. Die Brauereigenossenschaft feiert ihre traditionsreiche Geschichte mit einem Festwochenende vom 24. bis 26. März. Den Auftakt bildet ein Abend für geladene Gäste am Freitag, 24. März, am Samstag steht ab 19 Uhr eine "Taufkirchner Biernacht" im Festzelt mit der Showband Dolce Vita auf dem Programm und am Sonntag, 26. März, kann man bei einem Tag der offenen Tür von 11 bis 17 Uhr zusehen, wie Bier gebraut wird. Im Festzelt spielt die Holzlandblaskapelle.

Hopfen wurde in Taufkirchen angebaut

Die geschäftstüchtigen Augsburger Fugger herrschten 1642 im Schloss Taufkirchen, als zum ersten Mal ein Brau- und Brandweinhaus erwähnt wird. Das war der Beginn der Braustätte in Taufkirchen. Das hiesige Land war zur Erzeugung von Braugerste bestens geeignet, wie aus den Aufzeichnungen hervorgeht. Auch der benötigte Hopfen wurde bis in das 18. Jahrhundert in Taufkirchen angebaut. Ein Teil des Südhanges auf dem Kellerberg wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch "Hopfengarten" genannt.

Vor allem die finanziellen Folgen des 30-jährigen Krieges zwangen die Fugger dazu, das Schloss mitsamt dem Brauhaus im Juli 1672 für 40 000 Gulden an Ferdinand Freiherr von Puech zu verkaufen. Dessen Sohn Adam setzte sich mit teilweise kuriosen Mitteln für die Erweiterung seines Besitzes um Taufkirchen ein. So schielte er neidvoll nach Dorfen, wo die Wallfahrt in voller Blüte stand. Die hungrigen und durstigen Pilger brachten Geld in die Kassen der Dorfener Brauereien und Gastwirtschaften. Um auch den Umsatz seiner eigenen Brauerei anzukurbeln, begab er sich nach Rom, wo er die Gebeine eines unbekannten Toten aus den Katakomben erwarb.

Taufkirchener Brauerei: Der mächtige Brauereikomplex in den 1920er Jahren wirkt fast wie eine Industrieanlage. 1917 wurde die Genossenschaft gegründet.

Der mächtige Brauereikomplex in den 1920er Jahren wirkt fast wie eine Industrieanlage. 1917 wurde die Genossenschaft gegründet.

(Foto: Archiv Brauerei (Grafik))

Der "Heilige Viktor" sollte den Umsatz ankurbeln

sollteZuhause präsentierte er sie unter dem Namen des "Heiligen Viktor" und kurbelte so eine Wallfahrt nach Taufkirchen und den Bierumsatz an. Adam von Puech gilt seither als erstes Marketinggenie der Taufkirchener Brauerei. Er war es auch, der den Adlberger Markt von Adlberg, das zu seiner Hofmark gehörte, gewaltsam nach Taufkirchen verlegte. Das war ebenfalls ein Schachzug, um den Umsatz seiner Schlossbrauerei zu steigern. Durch die Wallfahrt und den Adlberger Markt florierte die Brauerei schon bald so gut, dass der Lagerkeller neben der Brauerei zu klein wurde. 1697 ließ er im Hügel südlich des Schlosses einen neuen Bierkeller bauen, wodurch der "Kellerberg" zu seinem Namen kam.

Nach dem Tod von Adam von Puech gelangten Schloss und Brauerei durch Heirat der Witwe Maria Adelheit von Muggenthal von 1723 bis 1748 in die Hände des erfahrenen Brauereibesitzers Franz Adam von Freyberg. Als er und seine Frau im Jahr 1748 kurz hintereinander starben, erbte Baron Franz Peter Rosenbusch die Hofmark Taufkirchen samt Brauerei und Landgut. Auch er widmete sich intensiv der Brauerei und ließ im Jahr 1752 eine neue kupferne Sudpfanne einbauen. Nachdem er 1768 starb, führte seine Witwe Maria Johanna von Lerchenfeld noch 28 Jahre die Geschäfte bis zu ihrem Tod im Jahr 1796 weiter. Erst übernahm ihr Bruder Herman Josef Emanuel von Lerchenfeld das Erbe, bereits vier Jähre später dann dessen Sohn Franz Xaver. Er verkaufte 1823 den gesamten Taufkirchener Besitz an Freifrau Elise von Moreau.

Die Brauerei wurde bisher immer von der Schlossherrschaft betrieben. Im Jahr 1833 ist erstmals von einem Brauereipächter namens Fischer die Rede. Als die Schlossherrin 1849 stirbt, hinterlässt sie den Besitz ihrem Sohn Friedrich August von Moreau. 1863 verkaufte Moreau seinen Taufkirchener Besitz an Graf Maximilian von Seinsheim und dessen Sohn Carl Joseph Marie. 1891 verkaufte Carl von Seinsheim die Schlossgüter Taufkirchen und Grünbach an den Sohn eines Hamberger Reeders, Wilhelm von Rambertz-Fest.

Taufkirchener Brauerei: Ein Blick in den gut besetzten Biergarten der Brauerei.

Ein Blick in den gut besetzten Biergarten der Brauerei.

(Foto: BTG)

Auch der Radweg ist der Brauerei zu verdanken

Zu dieser Zeit waren gerade die Verhandlungen um den Bau einer Lokalbahn von Dorfen nach Velden im Gange. Ursprünglich sollte sie auf der kürzesten Strecke von zwölf Kilometern Luftlinie gebaut werden. Ein in Taufkirchen gegründetes "Eisenbahn Commite" konnte die Gremien der königlichen Staatsbahn jedoch davon überzeugen, dass ein Anschluss Taufkirchens im Interesse der Rentabilität sei. Die Kosten für den Grunderwerb und die Projektierung auf Taufkirchner Flur wurden mit einem Bierpfennig auf das Taufkirchener Bier aufgebracht. So ist letztlich der beliebte Vilstalradweg, der auf dem Damm der ehemaligen Bahnstrecke verläuft, auch der Taufkirchener Brauerei zu verdanken. 1891, damals hatte Taufkirchen lediglich 540 Einwohner, ließ Rambertz-Fest das alte Sudhaus der Brauerei niederreißen und durch einen Neubau in Backstein-Bauweise ersetzen, wie er es aus seiner norddeutschen Heimat gewohnt war, das 1893 eingeweiht wurde.

Rambertz-Fest hatte jedoch darauf spekuliert, dass er durch die Bahnlinie viele neue Kunden gewinnen könnte. Als sich die Finanzierung und die Trassenführung aber beträchtlich in die Länge zogen, trennte er sich von seinem Spekulationsobjekt, noch bevor die Bahnlinie 1898 eröffnet wurde. Neuer Eigentümer wurde Gebhard von Alvensleben, der das Schloss aufwendig umbaute und dem dabei das Geld ausging. Um einer Zwangsvollstreckung zu entgehen, verkaufte er seine Güter Taufkirchen und Grünbach an das Frankfurter Consortium Junior & Partner.

Zum Besitz gehörten 800 Tagwerk Grund und Wald

Taufkirchener Brauerei: Gruppenfoto der Mitarbeiter im Jahr 1958.

Gruppenfoto der Mitarbeiter im Jahr 1958.

(Foto: BTG)

1910 erwarb Gustav Rohn, Hof- und Gerichtsadvokat in Wien den Besitz und wollte ihn 1917 wieder verkaufen. Außer dem Schloss und der Brauerei umfasste dieser noch 800 Tagwerk Grund und Wald. Die Firma Löwenbräu aus München bekundete Interesse. Ihr erklärtes Ziel lautete, den gesamten Besitz zu zerschlagen, die Brauerei stillzulegen und in Taufkirchen nur noch ein Bierdepot zu betreiben. Der damalige Braumeister der Schlossbrauerei, Josef Mittermayer, versuchte das zu verhindern. Zusammen mit Adolf Reichel und Georg Weiher gründete er mit Bauern und Bürgern aus dem Ort und der Umgebung 1917 eine Genossenschaft, um Schloss und Brauerei zu kaufen. Der Kaufpreis für das Schloss mit Äckern, Wiesen, Wald, landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude und Brauerei betrug 800 000 Mark. 564 000 Mark konnte man durch Genossenschaftsanteile aufbringen, den Rest deckte ein Kredit.

Die Genossenschaft verkaufte im folgenden Jahr von den 800 Tagwerk wieder 620 an Bauern und Bürger und 1919 erwarb der Landesarmenverband das Schloss mit 200 Tagwerk Grund von der Brauereigenossenschaft, um eine Anstalt für pflegebedürftige Menschen zu schaffen. Damit konnte sich die Genossenschaft auf ihr eigentliches Kerngeschäft, die Brauerei, konzentrieren. Und obwohl die Konstellation "verarmter Adeliger verkauft Brauerei" in der bayerischen Geschichte nicht allzu selten war, ist die Taufkirchener Geschichte mit der Gründung einer Genossenschaft eine Besonderheit. Nach Angaben der Brauereigenossenschaft Taufkirchen gibt es bayernweit lediglich drei bis vier Brauereien, die als Genossenschaften geführt werden.

1960 fand das erste Volksfest statt

In den Anfängen der Genossenschaft war die Brauerei mit Dampfbetrieb ausgestattet, hatte einen jährlichen Malzversud von 2200 Zentnern und einen Bierausstoß von 5500 Hektolitern. Das Bier wurde von etwa 14 Wirten aus der Umgebung selbst abgeholt. Die Brauerei wurde von der Genossenschaft solide geführt und konnte mit der steigenden Bevölkerungszahl auch ihren Bierumsatz steigern. Im Mai 1960 wurde das erste Taufkirchener Volksfest noch zusammen mit dem Adlberger Markt gefeiert, das sich zum zweitgrößten Volksfest im Landkreis nach dem Erdinger Herbstfest entwickeln sollte.

Das eigens dafür gebraute Festmärzen trug nicht unwesentlich zum Erfolg der Taufkirchener Wiesn bei. Braumeister Theo Unterreitmeier, der jahrzehntelang die Rezepturen der Taufkirchener Biere verfeinerte, war dabei ein Glücksfall für die Brauerei. Auch sein Nachfolger Thomas Drechsel gilt als großer Könner seines Fachs. Als sich die Brauerei 2012 mit ihrem Hellen und dem Volksfestbier um die prestigeträchtigste Auszeichnung der Branche bewarben, den European Beer Star, konnten sie sich gegen 1366 Mitbewerber aus der ganzen Welt behaupten: In der Kategorie "Helles" gewann das Taufkirchener Helle den ersten Platz, die Goldmedaille.

Bronze für das Festbier

In der Kategorie "Festbier" kam das Taufkirchener Festmärzen auf den dritten Platz und holte Bronze. Ein toller Erfolg für die Taufkirchener und für Braumeister Drechsel die wichtigste Auszeichnung in der Geschichte der Brauerei. Beflügelt von solch hohen internationalen Auszeichnungen stellt die Brauerei Taufkirchen seit ein paar Jahren auch Spezialitätenbiere im handwerklich gebrauten "Craft"-Stil her. Anlässlich des Doppeljubiläums der Brauerei wird es kein eigenes Jubiläumsbier geben, weil die Taufkirchener Sortenvielfalt schon groß genug sei. Aber ein Jubiläumskrügerl soll es geben. Zur Erinnerung an eine interessante und wechselvolle Geschichte.

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