Taufkirchen:Am Ende der Verwertungskette

Taufkirchen: Besuch beim Erzeuger: Auf die schwierige Lage wiesen Korbinian Empl (dritter von rechts) und Kreisobmann Jakob Maier (zweiter von rechts) hin.

Besuch beim Erzeuger: Auf die schwierige Lage wiesen Korbinian Empl (dritter von rechts) und Kreisobmann Jakob Maier (zweiter von rechts) hin.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Milchbauern beklagen vehement, dass sie von den gestiegenen Preisen im Einzelhandel nicht profitieren

Von Philipp Schmitt, Taufkirchen

Wer schöpft bei den nach oben geschnellten Preisen für Milchprodukte, Butter und Käse den Rahm ab? Eine Antwort auf diese Frage haben Milchbauern aus dem Landkreis am Freitag bei einer Veranstaltung des Bayerischen Bauernverbandes auf dem Bauernhof von Kreisrat Korbinian Empl (FW) in Emling gesucht. Die Milcherzeuger sind sauer auf Molkereien und Discounter, weil sie nach schwierigen Jahren nicht von den gestiegenen Preisen für Milchprodukte in den Supermärkten profitieren. "Da passt einiges nicht zusammen. Die Verkaufspreise für Milch, Butter und Käse sind stark gestiegen, aber der Milchpreis beim Einkauf der Rohstoffe verharrt weiter auf einem relativ niedrigem Niveau", sagte der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) Jakob Maier.

Maier forderte deshalb von den Molkereien und dem Handel höhere Milchpreise. Die Butterpreise im Verkauf steht demnach "auf einem historischen Hoch", wie es zuletzt 1986 erreicht worden sei, sagte Maier. Die Milchbauern müssten an dieser Entwicklung teilhaben, auch um aufgestaute Investitionsvorhaben zu finanzieren und neuen Anforderungen gerecht werden zu können. "Wir müssen wieder mehr Geld verdienen", sagte Maier. Die Bauern seien "immer noch ganz unten in der Nahrungskette", sagte er mit Blick auf die Machtverhältnisse zwischen Bauern auf der einen und Molkereien und Lebensmittel-Discounter auf der anderen Seite.

Warum die Milchpreise beim Verkauf an die Molkereien nicht nach oben gezogen sind, sollte in Emling eigentlich mit Vertretern von den in Taufkirchen agierenden Molkereien diskutiert werden. Doch die Molkereien hatten ihre Teilnahme abgesagt, Argumente konnten daher nicht ausgetauscht werden. "Wir wollen nicht mit dem Finger auf die Molkereien zeigen, aber wir wollen deutlich machen, dass wir an der positiven Entwicklung teilhaben wollen", hieß es. Für Kreisbäuerin Irmgard Posch ist die Argumentation von Vertretern der Molkereien, dass die höheren Verkaufspreise im Handel wegen langfristiger Verträge erst mit Verzögerung auf die Milcherzeuger durchschlagen können, nicht akzeptabel.

Schließlich würden bei Preissenkungen von Milchprodukten die Rohstoffeinkaufspreise auch trotz langfristiger Kontrakte schnell zum Nachteil der Milcherzeuger nach unten gedrückt werden. Also müsste es bei einer positiven Entwicklung auch schneller mit den besseren Konditionen für Milcherzeuger klappen, sagte sie. "Wir sollen die Milch günstig zur Verfügung stellen, damit andere den Rahm abschöpfen können. So kann es nach diesen katastrophalen Jahren nicht weiter gehen. Wir wollen nach zwei Hungerjahren an der verbesserten Wertschöpfung schnell mitprofitieren", sagte der Taufkirchener Gemeinderat Empl, der mit seiner Frau Anita und vier Kindern einen Hof mit 70 Milchkühen bewirtschaftet. Zeno Stangl fügte an, dass die Milchbauern bessere Preise bräuchten, um sich finanzielle Polster für in den Krisenjahren aufgeschobene Investitionsvorhaben schaffen zu können. Sie dürften nicht länger benachteiligt werden.

Der stellvertretende Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Michael Hamburger, wies darauf hin, dass etwa siebzig Prozent der in Bayern erzeugten Milch frei von Gentechnik sei. Milch mit so hoher Qualität müsse auch einen angemessenen Preis haben, forderte er. Fritz Gruber kritisierte die Gier der Handelskonzerne, die von den Gewinnen mehr an die Rohstofferzeuger abgeben müssten, um deren Existenzen nicht aufs Spiel zu setzen. Auch um den Beruf eines Milchbauern für den Nachwuchs attraktiv zu machen, müssten höhere Preise gezahlt werden. Denn die Herausforderungen von steigenden Pachtzahlungen für Wiesen bis zu neuen gesetzlichen Anforderungen seien für Milcherzeuger groß. Die Zahl der Milchbauern im Landkreis sinkt seit Jahren.

Deutlich zu spüren ist das in Erding und Taufkirchen bei den jährlichen Versammlungen der Genossenschaften: Die früher bis auf den letzten Platz gefüllten Bierzelte sind heute nur noch spärlich gefüllt. Die Erdinger Molkereigenossenschaft trifft sich deshalb schon gar nicht mehr wie früher üblich während des Herbstfestes im Festzelt, sondern an kleineren Veranstaltungsorten. BBV-Ortsobmann Maier wies darauf hin, dass es im Landkreis in der Milchviehhaltung 2014 28 000 Kühe in 800 Betrieben mit einem Durchschnitt von 35 Kühen pro Betrieb gab. Die Zahl der Betriebe sinkt seit Jahren, 2000 wurden im Landkreis noch 1100 Betriebe mit 33000 Kühen gezählt. Die bei den Molkereien bundesweit angelieferte Milch ist 2016 im Vorjahresvergleich gesunken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: