Tag der offenen Tür:Therapie statt Gefängnis

Tag der offenen Tür: 2011 wurde ein Neubau für die Forensik errichtet. Er hat fünf streng gesicherte und zwei weiter führenden Stationen mit insgesamt 173 Plätzen.

2011 wurde ein Neubau für die Forensik errichtet. Er hat fünf streng gesicherte und zwei weiter führenden Stationen mit insgesamt 173 Plätzen.

(Foto: Renate Schmidt)

In Taufkirchen ist die einzige reine Frauenforensik in Bayern. In ihr werden straffällig gewordene Frauen mit psychischen und Sucht-Erkrankungen behandelt. Alle 173 Plätze sind derzeit belegt

Von Philipp Schmitt, Taufkirchen

Einen Blick hinter die gut gesicherten Mauern der Klinik für "Forensische Psychiatrie und Psychotherapie" konnten am Samstag beim Tag der offenen Tür interessierte Besucher werfen. Die Besucherresonanz bei Vorträgen im Wasserschloss und Führungen durch die Klinik war groß: "Wir bemühen uns im Maßregelvollzug um die Gratwanderung zwischen therapeutischem Milieu und Sicherheit, wir bieten viele differenzierte Therapien an, wir haben ein bundesweit einzigartiges Angebot", sagte die Leiterin des Maßregelvollzugs Verena Klein, die über die Forensik informierte.

"Taufkirchen ist die einzige reine Frauenforensik in Bayern. Sie wurde 1998 als die erste frauenforensische Einrichtung in Deutschland mit damals 36 Patientinnen in zwei Stationen errichtet", sagte Forensik-Pflegedienstleiter Günther Badura. Weil der Bedarf und die Belegung stieg und die Forensik mit Patientinnen aus dem Bezirk aus allen Nähten platzte, erfolgte 2011 ein Neubau mit fünf streng gesicherten und zwei weiter führenden Stationen mit insgesamt 173 Plätzen für straffällig gewordene Frauen mit psychischen und Sucht-Erkrankungen aus ganz Bayern: "Es sind derzeit alle Plätze belegt, wir sind voll ausgelastet", sagte Klein. Die Chefärztin fügte an, dass weitere 21 Frauen nach erfolgreichen Therapien derzeit in betreuten Wohngruppen auf ihre Entlassung in die Freiheit warten. Die Patientinnen sind zwischen 18 und 80 Jahre alt, psychisch erkrankte Frauen bleiben im Durchschnitt sechs Jahre in der Klinik, bei Suchtpatientinnen ist die Verweildauer meist kürzer.

Wenn Richter den Maßregelvollzug anordnen, werden straffällig gewordene Frauen nach der Aufnahme in der Klinik psychiatrisch begutachtet und einer Station zugeteilt, danach wird ein individuell-differenzierter Therapieplan erstellt, der mit Ärzten, Psychologen, Pädagogen und Pflegern der Klinik mit dem Patienten umgesetzt werden soll: "Bei der Forensik handelt es sich um kein Gefängnis, es geht um Therapie", sagte Henner Lüttecke von der Öffentlichkeitsarbeit des kbo-Isar-Amper-Klinikums dazu.

Es gibt fünf baugleiche Stationen, von F1 bis F5 im gesicherten Bereich mit je 22 Patientinnen: In der Station F1 leben fünf Mütter mit ihren derzeit fünf kleinen Kindern (bis drei Jahre). Die besichtigten Räume der von Stationsleiter Gerhard Zeidler im Team mit 16 Mitarbeitern geleiteten Station F2 für suchtkranke Frauen verfügt neben Küche, Ess- und Aufenthaltsraum über einen gartenartigen Hof mit Gemüsebeet und Tischtennisplatte. In jeder der fünf Stationen gibt es Ein- oder Zweibettzimmer mit Dusche/WC. Günther Badura teilte mit, dass die Zimmer individuell eingerichtet werden dürfen. Zeidler und der Psychologe Eugen Mihalache fügten an, dass spezielle Wachzimmer mit möglicher Kameraüberwachung über Monitore im Dienstraum nur mit ärztlicher Genehmigung und nach vorheriger Information der Betroffenen bei akuten Fällen - etwa bei Suizidgefahr - genutzt würden. Auf der Station bekomme jede Patientin feste Ansprechpartner und es gelten Hausregeln und Meldepflichten. Besuch ist in separaten Besucherräumen täglich möglich. Die Sporthalle wird intensiv genutzt, es gibt auch sporttherapeutische Angebote. Im Therapietrakt der Klinik gibt es außerdem Werk- und Arbeitsräume, farbenfrohe Keramik- und Töpferarbeiten werden im Hof des Klinikums verkauft. Neben Kunst wird zur Entspannung Körper- und Musiktherapie angeboten. Im Raum mit E-Gitarren, Schlagzeug und Verstärkern probte die "Forensik-Band".

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