Tätowierer sind gefragt:Für immer und ewig

Bei den Kunden von Tätowierstudios steht ein Symbol für die Unendlichkeit hoch im Kurs. Das passt, denn den Körperschmuck wird man nicht mehr los. Tätowierer und Fachleute raten daher zur Vorsicht

Von Regina Bluhme, Erding

Im Moment ist die liegende Acht der Renner. Das Symbol für Unendlichkeit wollen sich viele Erdinger stechen lassen. Ein Tattoo ist ja immer eine Entscheidung für die Ewigkeit - leider mit zuweilen unerwünschten Folgen, wie nun die Verbraucherschutzministerin und Erdinger Landtagsabgeordnete Ulrike Scharf (CSU) warnt. Im Rahmen der bayernweiten Informationskampagne "Tätowieren und seine Risiken" spricht am Freitag, 11. November, an der Berufsschule Erding Wolfgang Bäumler, Dermatologe an der Hautklinik der Uni Regensburg. Fragt man bei professionellen Tätowierern in der Großen Kreisstadt nach, dann raten auch sie zur Vorsicht - bei der Wahl des Studios und bei der Pflege eines frischen Tattoos.

Wer den Flyer zur Kampagne "Tätowieren und seine Risiken" liest, dem kann angst und bange werden. Wie das Verbraucherschutzministerium aufzählt, können Infektionen übertragen werden, es können sich nässende Wunden oder Gewebewucherungen bilden oder allergische Reaktionen auftreten. In der Diskussion stehe auch ein Zusammenhang von Hautkrebs und Hautverzierung, heißt es weiter. Dermatologe Wolfgang Bäumler kommt im Faltblatt ebenfalls kurz zu Wort. Er rät: "Keine spontane und unüberlegte Entscheidung für eine Tätowierung beispielsweise im Urlaub." Diese sollte nur unter sicheren hygienischen Bedingungen und mit zertifizierten Farben erfolgen. Dem kann Max Deutinger, Betreiber des Erdinger Studios Maximus Tattoo, nur zustimmen. "Es ist absolut wichtig, dass hygienisch gearbeitet wird. Das geht vom Arbeitsplatz bis zu den Materialien", betont er. Deshalb arbeite er "selbstverständlich mit Einwegmaterial und steril verpackten Nadeln". Auch Farben kaufe er nur bei "in Deutschland zugelassenen Herstellern mit Zertifikat", fügt Deutinger hinzu. Tätowierfarben unterliegen seit 2009 der Tätowiermittel-Verordnung, die eine Negativliste mit verbotenen Substanzen enthält. Allerdings weist das Verbraucherschutzministerium darauf hin, dass Tätowierfarben eine ganze Reihe weiterer Stoffe enthalten, wie Weichmacher oder Emulgatoren.

Tätowierer sind gefragt: Vorsicht ist bei der Entscheidung für ein Tattoo angebracht: Zertifizierte Farben und eine gute Hygiene sind unverzichtbar.

Vorsicht ist bei der Entscheidung für ein Tattoo angebracht: Zertifizierte Farben und eine gute Hygiene sind unverzichtbar.

(Foto: Renate Schmidt)

In Erding gebe es neben fünf "offiziellen Tattoo-Studios", so Deutinger, auch einige "Hinterhof-Tätowierer". Die Kunden sollten nicht immer auf den billigsten Preis schielen, sondern ganz genau schauen, ob Beratung und Hygiene stimmten, mahnt er. Zum Beruf des Tätowierers gehöre extreme Konzentration, handwerkliches Geschick und künstlerische Kreativität. In einigen osteuropäischen Ländern müssten Tätowierer vor einer gewerblichen Zulassung eine zweijährige Grundausbildung in einem Studio nachweisen. "Eine solche Regelung ist in Deutschland auch überfällig", findet Deutinger.

Nicole Bäter, stellvertretende Geschäftsführerin von "Voodoo Croo Tattoo and Piercing", appelliert an die Eigenverantwortung der Kunden. Wer sich ein Tattoo stechen lassen wolle, dürfe vor dem Besuch des Studios weder Alkohol noch blutverdünnende Medikamente wie Aspirin zu sich nehmen. "Wichtig ist auch, dass der Kunde ausgeschlafen ist und nicht mit leerem Magen kommt", fügt Bäter hinzu. Denn eine Tattoo-Sitzung verlange einen stabilen Kreislauf.

Tätowierer sind gefragt: Die Geschäfte gehen gut, das bestätigen mehrere Studios in Erding.

Die Geschäfte gehen gut, das bestätigen mehrere Studios in Erding.

(Foto: Renate Schmidt)

"50 Prozent beim Tätowieren macht die anschließende Pflege aus", fügt sie hinzu. "Da muss ich mir manchmal den Mund fusselig reden." Erst nach 24 Stunden dürfe die Folie über dem Tattoo entfernt werden. Dann müsse die Stelle mit einer PH-neutralen Seife gereinigt und an der Luft getrocknet werden. Beratung sei wichtig, denn der Kunde müsse wissen, dass ein frisches Tattoo ähnlich wie eine Schürfwunde zu behandeln sei und die erste Zeit vier bis fünf Mal am Tag gut eingecremt werden müsse. "Wer einen Tag nach dem Termin wieder am Bau arbeitet oder im Garten herumwerkelt, dem kann es dann natürlich schon passieren, dass eine Entzündung entsteht."

Die Diskussion über unerwünschte Nebenwirkungen von Tattoos ist nicht neu, der Abschreckungseffekt scheint gering zu sein. Tattoos sind weiter in. Max Deutinger, der seit zwei Jahren das Maximus Tattoo führt, ist jedenfalls zufrieden, spricht von einer "guten Resonanz". Auch Voodoo Croo ist gut im Geschäft. Chefin Iris Bley hat sich seit Jahren auf polynesische Stammeszeichen spezialisiert. Während die Kundschaft für ein Südsee-Tattoo aus der ganzen Welt nach Erding geflogen komme, halte sich die einheimische Kundschaft bei exotischen Motiven eher zurück, sagt Bäter. Absolut im Trend sei bei den Erdingern die liegende Acht. Sie habe manchmal das Gefühl, "dass bald jeder zweite dieses Motiv am Körper hat."

Tätowierer sind gefragt: Die Erdinger kennen keine Angst davor, dass ihnen ihr Tattoo irgendwann nicht mehr gefällt.

Die Erdinger kennen keine Angst davor, dass ihnen ihr Tattoo irgendwann nicht mehr gefällt.

(Foto: Renate Schmidt)

Sehr kritisch sehen die Erdinger Tätowierer den Wunsch, sich den Namen von Freund oder Freundin stechen zu lassen. Das könne sich schnell als großer Fehler herausstellen, warnt Deutinger. Mindestens einmal in der Woche stehe bei ihm eine verzweifelte Kundschaft in der Tür, "weil die Beziehung kaputt ist und der Name des Partners oder der Partnerin verschwinden soll". Sein Rat: Wenn schon ein Name für die Ewigkeit, dann lieber der des Kindes.

Der Vortrag "Tätowieren und seine Risiken" mit Wolfgang Bäumler von der Poliklinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Regensburg beginnt am Freitag, 11. November, um 9 Uhr in der Aula der Berufsschule Erding im Beisein von Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf.

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