Tading:Ein Biergarten als Kulturgut

Der einst angeblich schönste Biergarten Bayerns ist nur noch eine Baufläche - das Wirtshaus Tading hat für Ersatz gesorgt.

Anja Perkuhn

Mitten im Pulverschnee saßen sie und stießen halb trotzig, halb verzweifelt mit Glühwein darauf an, dass es immer irgendwie weitergeht. An diesem 5. Dezember 2010 feierten Besitzer und Gäste in Tading die Einweihung eines neuen Biergartens für das Wirtshaus Tading. An diesem Osterwochenende nun steht dem Biergarten seine Feuerprobe bevor. "Ich glaube das selbst noch nicht so richtig", sagt Angela Gilow-Kohler, Besitzerin des Wirtshauses. "Aber einigen Leuten gefällt der neue tatsächlich besser als der alte."

neuer biergarten tading

So sieht der neue Biergarten in Tading aus. Manche finden ihn sogar noch schöner als den alten.

(Foto: privat)

Vom alten Biergarten, oft als schönster Biergarten Bayerns bezeichnet, ist nicht mehr viel zu sehen, dort ist jetzt eine brache Fläche. Angela Gilow-Kohler und Andreas Kohler waren nur Pächter des Grundstücks gegenüber vom Wirtshaus, das sie als Biergarten nutzten. Als der Besitzer 2005 starb, wollten die Erben den Grund verkaufen. Da es sich um baureifen Grund handelt, war schnell abzusehen, dass der Biergarten nicht bestehen bleiben könnte. Der jetzige Eigentümer will ein Haus darauf bauen. "Wir hätten das Land schon gern selbst gekauft", sagt Gilow-Kohler. "Aber das hätte mehr als 200.000 Euro gekostet, das konnten wir nicht aufbringen." Auch mit den Nachbarn habe sie darüber gesprochen, denen fehlten aber ebenfalls die Mittel.

Die Wirtin spricht vom alten Biergarten, dem "Wirtsgartl", wie von einem guten Freund, der kürzlich verstorben ist. "Ich war erschüttert, als ich im Herbst mit ansehen musste, wie die Bäume fielen", sagt sie. Alte Birnenbäume standen dort, Apfelbäume, ein paar Birken, ein paar Hollerbüsche. "Er war ganz lebendig und nicht so zugepflastert mit Einheitsbäumen wie manche andere Gärten." Das einzige, was sie damals tun konnte, war spontan einen neuen Garten einzuweihen.

Wer allerdings etwas hätte tun können und nach Gilow-Kohlers Ansicht tun müssen, ist die Gemeinde Forstern: "Die Gemeinde hat das Grundstück zum Kauf angeboten bekommen. Es wäre angebracht gewesen, wenn sie den Grund gekauft hätte. Der Biergarten ist zusammen mit dem Wirtshaus und der Wallfahrtskirche ein Kulturgut."

Im Rathaus Forstern sieht man das anders: "Die Gemeinde ist ja kein Immobilienmakler", heißt es. "Aufgaben der Gemeinde sind die Wasserversorgung, die Feuerwehr und die Kinderbetreuung. Und ein Kulturgut ist ein Biergarten nicht." Die Besitzer des Wirtshauses hätten ja die Möglichkeit gehabt, das Grundstück selbst zu kaufen.

Angela Gilow-Kohler will über diesen Ärger nicht mehr nachdenken. "Ich schaue nach vorne", sagt sie, "das habe ich in den letzten 21 Jahren hier im Wirtshaus gelernt." Und als vor ein paar Wochen die ersten Sonnenstrahlen aus der Winterwolkendecke brachen und sie ein paar Möbel in den neuen Biergarten stellte,"da kamen plötzlich schon Leute plötzlich irgendwoher", erzählt Gilow-Kohler, "und setzten sich hin." Mitten in den neuen Biergarten, der nicht wie der alte ist - sondern sogar gemütlicher, weil er von vier Seiten von Bäumen und Sträuchern eingeschlossen ist und die Sonne direkt hineinscheint. Und abends geht neben der Kirche die Sonne unter.

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