SZ-Serie:Verloren in der Geschichte

Schloss Hubenstein

Von der Burg Hub zum Landschloss Hubenstein: Der Stich zeigt eine beeindruckende Anlage, mit Obst-und Gemüsegärten und Parkanlagen mit Springbrunnen.Reproduktion: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung

Wo einst der beeindruckende Edelsitz Hubenstein war, stehen heute Wohnhäuser. Dabei war das Anwesen bei Taufkirchen jahrhundertelang ein wichtiger Gerichtssitz

Von Sophia Fürmann, Taufkirchen

Nichts, überhaupt nichts ist mehr übrig vom einstigen Edelsitz Hubenstein bei Taufkirchen. Sogar als vor zwei Jahren auf dem Grund des früheren beeindruckenden Anwesens neue Häuser gebaut wurden - die Denkmalpfleger haben keine Überreste gefunden. "Es waren keine Bodenspuren mehr vorhanden", das berichtet Hans Jell, der Gemeindearchivar von Taufkirchen und Hobbyhistoriker. Er ist Experte über den einstigen Edelsitz, seit Jahren sammelt er die dürftigen Unterlagen über Hubenstein.

Einzig der Kupferstich von Michael Wening aus dem frühen 18. Jahrhundert erinnert noch an die vergangene Pracht, von der nichts mehr übrig ist. Und das, obwohl das Anwesen "unwahrscheinlich groß ausschaut", wie Jell sagt. Die Gebäude- und Schlossgartengröße lasse sich zwar nicht mehr rekonstruieren, "ich möchte kein Märchen erzählen"; Jell ist sich sicher, Wening könne nicht überall persönlich mehrere Wochen gewesen sein, sondern müsse seine Informationen zum Aussehen des Sitzes anderweitig eingeholt haben. Trotzdem zeige der Stich, welche Bedeutung der Sitz in den vergangenen Jahrhunderten gehabt haben muss.

Das sieht man schon an der Ausstattung: Die Hofmark Hubenstein umfasste neben dem Schloss eine Taverne, eine Schmiede, eine Fleischverkaufsstätte, eine Kirche, eine Backstätte und ein Bad, umrahmt wurde es von einer Hofmauer. Der Kupferstich zeigt das imposante vierseitige Gebäude mit Innenhof. Es sticht mit seiner Dachterrasse auf der Südseite heraus. Die Springbrunnen, die Baumalleen und Blumen der barocken Gartenanlage dienten vor allem der Ästhetik. Die Gemüsegärten auf der Süd- und Nordseite dürften der Verpflegung der Bewohner des Sitzes genutzt haben.

Die Lage gegenüber der Großen Vils an einer bedeutenden Fernstraße von Oberföhring nach Passau war eine wichtige Einnahmequelle: Hier wurden viele Waren transportiert, von denen Wegzoll erhoben werden konnte. Ein zweites Wohngebäude hat Wening auf seinem Kupferstich abgebildet. Jell vermutet, dass es sich hierbei um ein landwirtschaftliches Gebäude für Bedienstete handele. Im Hintergrund sind die Pfarrkirchen von Moosen und Maiselsberg zu sehen.

Dass es sich bei Hubenstein um einem überregional wichtigen Ort gehandelt haben muss, ist durch die bedeutenden bayerischen Adelsgeschlechter ersichtlich, die ab dem 12. Jahrhundert in Urkunden vermerkt wurden: Von dem Geschlecht der Frauenberger wurde der Sitz im Laufe der Zeit auf die Familie der Preysings übertragen und schließlich im 17. Jahrhundert an den Hofkammerpräsidenten Johann Mandl verkauft. Seitdem war das Anwesen im Besitz der Mandls.

Vom Jahr 1483 an, während der Zeit als "geschlossene Hofmark", entwickelte sich der Edelsitz von der Burg Hub zum edlen Landschloss Hubenstein. Im Bezirk einer Hofmark besaß der Adel das Privileg der niederen Gerichtsbarkeit, die in Altbayern seit 1311 zu seinen wichtigsten Vorrechten gehörte. Im 19. Jahrhundert war Hubenstein eines von fünf Patrimonialgerichten im Landgericht Erding neben Fraunberg, Grünbach, Notzing und Taufkirchen. Diese wurden mit der Revolution 1848 beseitigt.

Geldmangel und Bedeutungsverlust - deshalb verlor sich das Schloss in der Geschichte: Die Hofmark wurde als Gericht nicht mehr gebraucht. Die Bauernbefreiung trug zusätzlich einen Teil zum Niedergang bei: Die Edelgeschlechter konnten, als die Alimente der Bauern wegfielen, die Unterhaltskosten nicht mehr tragen. Nach Schätzungen Jells dürfte der Sitz zwischen 1840 und 1960 abgerissen worden sein.

Auch wenn von den Grundmauern des Sitzes heute nichts mehr übrig ist, bei den Hubensteinern bleibt das Schloss trotzdem in Erinnerung: Der Schützenverein des Ortes nennt sich "Schlossschützen". Und noch ein Relikt gibt es: Ein marmornes Grabdenkmal in der Kirche von Moosen. Es zeigt Hans Georg von Preysing, der bereits im 16. Jahrhundert ein Mann von Welt war. Vom Edelsitz Hubenstein aus zog er hinaus in die Welt, um sich sein Geld zu verdienen, unter anderem als Hofquartiermeister in Wien. Doch dann kam die Zeit des großen Krieges, wo Preysing mit auf das Schlachtfeld zog. Er kämpfte gegen den "Erbfeind der Christenheit", wie es damals hieß, gegen die Türken. Im Kampf erlag er seinen Wunden. "Es ist äußerst interessant, dass dieser Mann aus Hubenstein eine Art Weltreise gemacht hat. Und das zu einer Zeit, in der das nicht alltäglich war. Daran sieht man, wie bedeutend der Edelsitz gewesen sein muss", sagt Hans Jell.

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