SZ-Interview:"Ich war Hippie und wollte Musik machen"

SZ-Interview: "Am Wichtigsten auf der Bühne ist die persönliche Ausstrahlung und etwas von sich selbst preiszugeben", sagt Günter Janovsky.

"Am Wichtigsten auf der Bühne ist die persönliche Ausstrahlung und etwas von sich selbst preiszugeben", sagt Günter Janovsky.

(Foto: Marco Einfeldt)

Günter Janovsky, Sänger und Urgestein der Freisinger Szene, erinnert sich an seine Kindheit in der "Bronx von Freising", seine Studienzeit und den Jahu-Musikladen, der 2009 der Internet-Konkurrenz zum Opfer fiel

Interview von Katharina Aurich, Moosburg

Günter Janovsky, Sänger und Musiker, der 2015 den Anerkennungskulturpreis erhielt, mag keine staatlichen Institutionen, keine Zwänge - und ist kein Urlaubsfreund. Manchmal fährt er los, am liebsten auf der Landstraße, und schaut, wohin es ihn treibt. So kam er neulich auf Nebenstraßen an den Fluss Regen im Pfälzer Wald. Am liebsten sei er jeden Tag im Wald, spüre die Luft und betrachte Moose und Bäume. Ungeplant und spontan zu leben sei ihm am Liebsten, sagt er.

SZ: Herr Janovsky, wie war es, in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Lerchenfeld aufzuwachsen?

Janovsky: Lerchenfeld war damals die Bronx von Freising, wir waren immer in Gruppen, es gab sehr viele Kinder und Jugendliche. Meine Eltern sind Flüchtlinge und fanden hier eine neue Heimat für unsere Familie, mich und meine beiden Schwestern. Überall war der Krieg noch präsent, es gab verlassene Bunker, Baracken und unter der Isarbrücke fand sich so manches rostige Bajonett.

Wo gingen Sie zur Schule?

Nach unserem Umzug in die Rotkreuzstraße fuhr ich mit dem Bockerl in die Realschule nach Moosburg, in Freising gab es damals noch keine. Natürlich hatte ich lange Haare, das war damals noch nicht so üblich. Nachdem ich zum Klassensprecher gewählt wurde, annullierte der damalige Schulleiter Franz Weidinger die Wahl. So einen Revoluzzer wie mich wollte er nicht. Die Wahl wurde wiederholt und Anton Neumaier wurde Klassensprecher. Er startete damit vermutlich seine politische Karriere. Bekanntlich war er dann von 1984 bis 2002 Moosburger Bürgermeister.

Wo machten Sie Ihre ersten musikalischen Gehversuche?

Im Schulorchester spielte ich Kontrabass, der Unterricht war leider schlecht, aber Hansi Drobny, der Bruder des BN-Kreisgeschäftsführers Manfred Drobny, hat mich, als wir gemeinsam in der Rotkreuzjugend waren, in seine Band geholt und los gings. Damals brauchte man lange Haare, um als Musiker "in" zu sein. Der Wirt des Domcafés hielt Langhaarperücken bereit für Musiker, die einen Kurzhaarschnitt hatten. Von da an machte ich Musik, sang und spielte verschiedene Instrumente.

Wie ging es mit Ihrer beruflichen Laufbahn weiter?

Ich ging nach der Realschule auf die FOS, die neu eingerichtet worden war. Sie war im Asamgebäude untergebracht, keiner wusste damals so recht, was unterrichtet werden sollte, aber ich hatte interessante Mitschüler. Die meisten entzogen sich den bürgerlichen Vorstellungen einer geordneten Schullaufbahn und machten ihr eigenes Ding. Nach dem Abitur studierte ich Sozialwesen in München-Bogenhausen, aber da waren alle so schräg drauf, völlig politisiert, ich war aber ein Hippie und wollte Musik machen. Vorbild als Lebensform ist für mich bis heute die Kommune Twin Oaks in Virginia/USA.

Warum wechselten Sie vom Sozialstudium zur Landespflege und schiedlich zum Jahu Musikladen?

Die tägliche Fahrerei nach München war mir ein Graus, daher entschied ich mich, zu wechseln und in Weihenstephan Landespflege zu studieren. Aber schon damals, Mitte der 70er Jahre, spielte ich in Bands, wir probten, hatten regelmäßig Auftritte und dann kam die Band "Wurff", für die ich auch die Texte schrieb. Nach sechs Semestern entschloss ich mich, nur noch Musik zu machen und gründete mit Jim Hubai den Jahu-Musikladen, der dann 20 Jahre lang existierte und zu einem Treffpunkt für alle Freisinger Musiker wurde.

Auch privat veränderte sich Ihr Leben...

Ich war inzwischen Vater geworden, meine beiden Töchter kamen auf die Welt und natürlich wollte ich für sie Zeit haben. Ein Jahr lang war ich sogar Hausmann und versorgte sie. Außerdem gibt es ja den Jazzclub Hirsch, dessen Präse ich 20 Jahre lang war.

Dann kamen die Jumpin' Jacks....

Als ein Freund seinen 50. Geburtstag feierte, wurden wir gefragt, ein paar Rolling Stones Nummern zu spielen. Wolfgang Beck, Günter Kreuzpointner, Butsch, Hank Houzer und ich hatten dann Lust, zusammen mit den Stones-Coversongs weiterzumachen und spielten auch mal sechs Gigs in der Woche, das hat uns schließlich bekannt gemacht.

Warum hörten Sie mit dem Jahu-Musikladen an der Bahnhofstraße auf?

Schweren Herzens, denn der Laden war ja auch eine soziale Institution und ein Treffpunkt. Die Konkurrenz im Internet wuchs, die können die Sachen günstiger anbieten, es gab immer weniger zu verdienen und die Unkosten stiegen, die Kosten türmten sich auf und ich wollte mich nicht verschulden. Daher schloss ich Anfang 2009 den Laden - nach 20 Jahren.

Langweilig wurde es aber nicht...

Es folgten viele Projekte mit den unterschiedlichsten Musikern, wir spielten Techno, Avantgarde und wir machten Underground-Partys in der Tiefgarage. Aktuell haben wir die Gruppe "Gurupemo" gegründet, eine psychedelische Rentnerband, spielen im Übungskeller und öffentlich so oft es geht unsere eigenen Songs. Ich singe natürlich und spiele Keyboard und Gitarren. Die Jungs haben das richtige Feeling, wir machen demnächst mit den Erdinger Kollegen der ehemaligen Gruppe "Sigurd kämpft" eine Tour. Die alten Herren spielen wieder zusammen, am 31. Oktober auch im Jazzclub Hirsch.

Wie schätzen Sie die Freisinger Musikszene von heute ein ?

Die Musik wird technisch immer ausgefeilter, aber die Kreativität bräuchte auch einen Schub. Aus Freising kommen ja bekannte Musiker aus jeder Richtung. Wir haben hier gute Voraussetzungen für Musiker - Schulen mit gutem Musikunterricht, Auftrittsmöglichkeiten, Übungsräume.

Was geben Sie jungen Musikern und Künstlern mit auf den Weg?

Für einen Musiker oder Künstler ist das Vertrauen in sich selbst das Allerwichtigste. Nicht erschrecken, wenn man schräge Töne macht, sondern diese ausbauen. Am Wichtigsten auf der Bühne ist die persönliche Ausstrahlung und etwas von sich selbst preiszugeben.

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