Straftäter bleibt in Aufkirchen:Ein seltener Fall

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Die Forderung nach einer Verlegung des Mannes weist die Regierung von Oberbayern zurück. Für die schlechte Kommunikation hat sie sich aber entschuldigt

Von Antonia Steiger, Oberding

Die Situation bleibt, wie sie ist: Der Sexualstraftäter, der nach Verbüßung seiner Haftstrafe vor einigen Tagen in die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Aufkirchen in der Gemeinde Oberding gezogen ist, wird weiterhin dort wohnen. Er soll so schnell wie möglich abgeschoben werden, doch wie lange das dauert, wisse keiner, sagt der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer (CSU). Er war am Freitag mit dem Oberdinger Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU) zu einem Gespräch mit der Regierung von Oberbayern geladen. Man habe eine gute Zusammenarbeit vereinbart, teilte die Regierung mit. Eine Sorge würde sie Oberding wohl gerne nehmen: dass weitere Straftäter nach Verbüßung ihrer Haftstrafe in die Gemeinschaftsunterkunft gebracht werden. Doch letzte Sicherheit gibt es nicht.

Es bestehe derzeit keine Absicht, "weitere Personen mit einer vergleichbaren ,Vorgeschichte' in die Gemeinschaftsunterkunft zu verlegen", teilt Martin Nell mit, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern. Der wegen eines Sexualdelikts verurteilte Mann muss eine elektronische Fußfessel tragen und darf die Unterkunft nachts nicht verlassen. Generell seien solche Fälle "sehr selten", sagt Nell. Würde in Oberbayern ein vergleichbarer Fall wieder vorkommen, "werden wir soweit möglich Oberding nicht nochmals in Anspruch nehmen". Mit Sicherheit könne dies aber nicht ausgeschlossen werden. Nell betonte, dass die Regierung von Oberbayern nicht "eigenmächtig Entscheidungen getroffen", sondern Vorgaben von Gerichten, Staatsanwaltschaft und Polizei umgesetzt habe.

Dass der Mann die Unterkunft jetzt wieder verlässt, auf diese Forderung hätten die Vertreter der Regierung von Oberbayern am Freitag nur mit Kopfschütteln reagiert, sagt Mücke. Für die mangelhafte Kommunikation habe man sich jedoch entschuldigt. Mücke treibt ein ganz anderes Problem um: dass es nicht gelungen sei, für den Mann, der drei Jahre und fünf Monate in Haft war, in dieser Zeit Papiere zu besorgen. Denn daran liegt es, dass er nicht abgeschoben werden kann.

Ghana, Senegal, Gambia: Diese drei Nationalitäten kommen laut Schwimmer in Frage. Nun müssen mit allen Botschaften Gespräche geführt werden, bis seine Nationalität festgestellt werden kann. "Zwei Gespräche sind geführt, eines steht noch aus", sagt Mücke.

Der Mann selbst machte widersprüchliche Angaben.

Auch Mücke hat das Signal vernommen, dass die Regierung von Oberbayern die Gemeinde Oberding nach Möglichkeit verschonen wolle, falls ein vergleichbarer Fall auftrete. Erfreut nahm er demnach zur Kenntnis, dass in die Gemeinschaftsunterkunft auch wieder Familien einziehen dürften, wenn der Straftäter sie verlassen habe. Es gehe also nicht darum, die Unterkunft vorzuhalten für vergleichbare Fälle. 24 Unterkünfte hat die Regierung auf die Vorgaben hin überprüft, die bei einer Unterbringung eines Straftäters nach Verbüßung seiner Haftstrafe eingehalten werden müssen. "Oberding hat die Vorgaben am besten erfüllt", sagt Mücke. Die Unterkunft sei in der Nähe von München und im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord, es lebten keine Frauen in der Unterkunft, und es gibt einen Rund-um-die-Uhr-Sicherheitsdienst. Diesen Sicherheitsdienst habe es schon gegeben, bevor der Mann dort einquartiert worden sei, betont Nell ausdrücklich. Frauen und Kinder gab es allerdings auch in der Unterkunft. Aber es seien weniger als in anderen gewesen, sagt Schwimmer.

Der Helferkreis "Starke Hände" setzt seine Arbeit in der Unterkunft fort, das betont dessen Sprecherin Andrea Hartung. Aber auch bei ihr ist der Ärger über die schlechte Kommunikation noch nicht verraucht, wie auch bei den anderen Beteiligten. "Das war überhaupt nicht in Ordnung, die Gemeinde vor vollendete Tatsachen zu stellen, das geht heutzutage nicht mehr," sagt auch Schwimmer. Wie Andrea Hartung sagt, ist die Sorge um die Familien, die umziehen mussten, mittlerweile der Verärgerung über die Art und Weise gewichen, wie die Regierung von Oberbayern den Vorgang umgesetzt habe. "Wir konnten uns nicht vorbereiten", sagt Hartung. Informationen müssten fließen, "damit wir unsere freiwillige Arbeit vernünftig erledigen können". Das Verhalten der Regierung von Oberbayern habe Ängste geschürt und Leute aufs Tabeau gerufen, "die wir gar nicht haben wollen".

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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