Stehempfang der Jungen Union:Erdinger Gallier

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Ein Lächeln für die Politik des Landrats: Die JU-Vorsitzende Stefanie Hagl hat nichts gegen Gutscheine für Flüchtlinge einzuwenden. (Foto: Peter Bauersachs)

Beim traditionellen Stehempfang der Jungen Union gibt es viel Lob für die Asylpolitik von Landrat Bayerstorfer

Von Sebastian Fischer, Erding

Ein holzvertäfelter Saal in einem oberbayerischen Gasthaus ist in der Regel kein Ort, an dem von gallischem Widerstand die Rede ist. Der Sonntagmorgen im Erdinger Weißbräu war also durchaus außergewöhnlich. Es gebe nicht nur in Gallien ein berühmtes Dorf des Widerstands, sagte dort Umweltministerin Ulrike Scharf beim traditionellen Stehempfang der Jungen Union (JU): "Es gibt auch in Oberbayern einen Landkreis des Widerstands." Die CSU-Landtagsabgeordnete sprach von Erding und spielte an auf dessen Flüchtlingspolitik und den umstrittenen Kurs von Landrat Martin Bayerstorfer.

Es sei unverständlich, sagte auch die JU-Ortsvorsitzende Stefanie Hagl, 25, dass das Sozialministerium Bayerstorfers Modell, Flüchtlingen grundsätzlich Kleidungsgutscheine anstatt Bargeld auszuhändigen, für nicht gesetzeskonform erklärt habe. "Wie wollen wir denn den Flüchtlingen vermitteln, dass wir für unser Geld etwas tun müssen? Bestimmt nicht mit Bargeld, das man einfach beim Landratsamt abholt!" rief Hagl. Ihre Parteikollegen applaudierten. Sie schimpfte über grüne Gutmenschen, von denen sich die CSU nicht belehren lassen müsse. Bayerstorfers Politik sei dagegen eine, die die Menschen ernst nehmen würden. Bayerstorfer selbst ließ sich am Sonntag entschuldigen.

Scharf lobte den stets wachsenden Erdinger Kreisverband der JU. Und sie lobte die Rede der Stadträtin Hagl. Sie habe recht: Die Flüchtlinge müssten "die Grundlagen unseres Zusammenlebens, unsere Werteordnung und unsere Leitkultur akzeptieren", schloss sich Scharf Hagls Worten an. Scharf hatte passend zum Thema am Samstag den Warteraum Asyl besucht. Sie lobte den auf gut 350 Freiwillige angewachsenen Helferkreis, der sich seit bald zwei Monaten täglich um die Flüchtlinge sorgt, die im Kurzzeitlager auf dem Fliegerhorstgelände ankommen. "Es war gestern mal Zeit, Danke zu sagen", erklärte Scharf.

Es habe in diesem Jahr keine Kabinettssitzung gegeben, die sich nicht mit dem Flüchtlingsthema beschäftigt habe, sagte sie. Doch Scharf hatte auch anderes zu berichten. Als Vorsitzende der Umweltministerkonferenz der Bundesländer war sie in der vergangenen Woche zur Weltklimakonferenz nach Paris gefahren. In Bayern habe sich in den vergangenen 80 Jahren die Temperatur um 1,5 Grad erhöht, von fünf Gletschern werde bald nur noch einer da sein, sagte Scharf. Sie stellte eine bayerische Maßnahme vor, die Erderwärmung zu verringen: Bis zum Jahr 2020 sollen 50 Moore wieder vernässt werden. Apropos Landespolitik: Zum Bayern-Ei-Skandal, wegen dem die Umweltministerin in der Kritik steht, wollte sie am Sonntag nichts sagen.

"Wir wollen keine Ein-Themen-Republik sein", sagte danach der Erdinger Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz - und sprach trotzdem vor allem über Flüchtlingspolitik. Max Gotz war der einzige, der das Thema an diesem Morgen kaum streifte.

Der Oberbürgermeister sprach lieber über seinen eigenen gallischen Widerstand, der die Verkehrswege in und um Erding betrifft. Er ärgere sich über wieder aufkommende Stimmen, die eine B15 neu fordern, Vielmehr müssten die längst überfälligen Dinge abgearbeitet werden, zum Beispiel der S-Bahn-Ringschluss. Natürlich habe Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Tausende Projekte abzuwägen - "aber das interessiert mich herzlich wenig. Wir sind unheimlich weit, weil der Herr Minister inzwischen auf die Tube drückt. Aber keine Sorge: Ich lasse mich da auch weiterhin nicht beeindrucken."

Er habe eine Bitte, sagte Gotz noch: Es dürfe in einer Partei gestritten werden, "aber am Ende müssen wir geschlossen marschieren". Die gallische Haltung, fand Scharf, die sei für die Erdinger CSU gar nicht so schlecht.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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