Sonntagsbegegnung:Großstädte freundlich vereint

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Bürgermeister von Berlin und München tauschen sich aus

Von Viktoria Spinrad, Markt Schwaben

Erst die mühselige Parkplatzsuche, dann zwei Polizisten vor dem alten Pfarrheim, die freundlich, aber bestimmt umherschauen. Der eher ungewohnte Anblick am Sonntag hatte zwei prominente Gründe: Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter und Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister (beide SPD), waren in den Ort gekommen, um bei der Sonntagsbegegnung über die Frage zu diskutieren: Was braucht eine Stadt? Eine Frage, bei der sich viele ähnliche Herausforderungen für die eigentlich recht unähnlichen Städte abzeichnen.

"Wir brauchen aktive Bürger, die mitgestalten wollen, ohne sich nur im eigenen Interesse einzusetzen", beginnt Müller und kommt damit schnell auf das Thema Bürgerbeteiligung zu sprechen, das ihm dieser Tage wegen der anstehenden Abstimmung über den Flughafen Tegel Kopfzerbrechen bereitet. Auch Reiter moniert einen Egoismus mancher Bürger, die schon mehr Infrastruktur sehen wollten, "aber bitte nicht vor meiner Haustür". Überhaupt habe sich die Reaktion der Münchner auf neue Bauprojekten sehr verändert: "Früher hat man sich gefreut, heute bin ich froh, wenn keine Tomaten fliegen."

Zwei doch sehr verschiedene Städte, in der beide Bürgermeister mit dem Aufbäumen der Bürger Schwierigkeiten haben, ihre Projekte durchzusetzen - und in denen die Flughäfen dauerhafte Streitthemen sind. Ob es in München einen Flughafenausbau und damit mehr Fluglärm geben wird, steht noch in den Sternen. Dann Lacher aus dem Publikum, denn Müller hat da gerade eher das gegenteilige Problem: "Das ist bei uns ganz unproblematisch, da ist es ganz ruhig."

Ein Raunen geht durch den Saal, als der Berliner Bürgermeister von Bauprojekten spricht, die sich in München kaum jemand trauen würde vorzuschlagen: dem Bauen in die Höhe, aktuell über 170 Meter in Neukölln. Eine logische Maßnahme für eine Stadt wie Berlin, die mit mehr Büroräumen auch mehr Firmen und Arbeitsplätze in die Hauptstadt holen will - und von der sich Reiter schnell zu distanzieren weiß: Angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit sehe er es nicht als seine Aufgabe, noch mehr Unternehmen nach München zu locken, im Gegenteil: "Ich verweise dann auf das Umland." In die Breite gestikulierend fügt er flachsend hinzu: "Ich weiß, das ist untypisch für einen Bürgermeister - und kommen tun die Firmen trotzdem."

Geschlossen präsentieren sich beide Bürgermeister auch im Umgang mit dem Diesel-Skandal. Reiter berichtet vom "Dieselgipfelchen" am vergangenen Montag im Kanzleramt, wo er und sein Kollege Müller gegenüber der Kanzlerin als "Party-Basher", also als Spaßverderber, aufgetreten seien: "Wir beide können die Probleme nicht einfach mit ein paar Milliönchen zuschütten." Müller nickt zustimmend, als Reiter angesichts der vielen Autos und schlechten Luft in der Landeshauptstadt erklärt, nun müsse die Gesundheit der Bürger an erster Stelle stehen.

Auch Müller zeigt sich ungeduldig mit den Autobauern und spricht von Plänen für elektromobile Taxen und Nahverkehr: "Sonst wird es wirklich zu Fahrverboten kommen." Ein Streitthema auch im Münchner Rathaus, für dessen Verwaltungsgebiet Reiter eine interessante Prognose zeichnet: "Wir werden zu einem kleinen Stadt-Staat."

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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