Seniorenbetreuung in Erding:Gegen die Weglauftendenz

Demenzkranke

Verlassen demenzkranke Rentner ihr Seniorenheim, ist das nicht immer ungefährlich. Nicht überall gibt es beschützende Stationen.

(Foto: dpa)

Funkchips oder Bilder vor dem Ausgang: Wie Seniorenheime versuchen, ungewollte Ausflüge von Bewohnern zu verhindern

Von Thomas Daller, Erding

Zwei demente Senioren, die unabhängig voneinander je dreimal ausgebüchst sind, haben die Erdinger Polizei am Wochenende auf Trab gehalten. Zum Glück ist ihnen nichts passiert. Aber vor fünf Jahren hat es auch einmal einen Todesfall im Landkreis gegeben, als ein dementer 79-Jähriger tagelang nicht gefunden werden konnte. In den Seniorenheimen versucht man mit verschiedenen Ansätzen, solche Ausflüge zu verhindern, aber vor allem am Wochenende, wenn der Tagesablauf weniger strukturiert ist, lässt sich das nicht gänzlich vermeiden.

In der Villa Moosen bei Taufkirchen zum Beispiel hat man sich mit einer "beschützenden Station" sogar auf demente Senioren spezialisiert, die einerseits körperlich noch recht rüstig, andererseits aber auch sehr verwirrt sein können. Bei einer solchen Kombination ist die Möglichkeit, dass sie sich orientierungslos verirren, häufiger als bei anderen Bewohnern. Sie können sich im Garten frei bewegen, dessen Tore mit einem Code gesichert sind. Aber wenn sie die Wohnebene verlassen wollen, gibt ein Funkchip Alarm. Etwa vier bis fünf der insgesamt 24 Bewohner dieser Station verfügen über so ein Gerät, das beispielsweise an der Kleidung oder an der Gehhilfe befestigt ist. Diese Funkchips werden den Bewohnern aber nicht bei Bedarf "verpasst", sondern es gibt sie nur auf Antrag der Angehörigen. "Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht", sagte die Pflegedienstleiterin Monika Unverricht. "Und die Angehörigen sind erleichtert, weil nicht viel passieren kann. (...) Ich bin seit 1. Juli 2014 hier, und wir hatten seither nur einen Fall, bei dem eine Dame nachts zum Nachbarhaus gegangen ist und dort geklingelt hat."

Im Taufkirchener Senioren-Service-Zentrum, aus dem eine Bewohnerin stammte, die am Wochenende verwirrt in Erding gestrandet ist, gibt es zwar Bewohner mit Demenzerkrankungen, aber keine mit starken Weglauftendenzen. Deshalb verfügt man dort auch über keine "beschützende Station". "Wir gewöhnen demenzkranke Menschen mit ihren eigenen Möbeln und eigenen Einrichtungsgegenständen bei uns ein, dann besteht auch keine Tendenz", sagte Pflegedienstleiterin Brigitte Schmid. Bei der Bewohnerin vom Wochenende sei der Fall auch anders gelagert gewesen: "Sie hat ihre Medikamente verweigert und auch eine Einweisung in die Klinik abgelehnt und ist dann wahnhaft geworden." Ansonsten komme es kaum vor, dass sich demente Bewohner in Gefahr begeben könnten: "Manche sind nicht mehr so mobil und wir verdecken auch die Ausgänge beispielsweise mit Bildern." Aber vor allem mit einer guten Einbindung in die Tagesstruktur und sozialer Betreuung habe man gute Erfahrungen gemacht: "In den vergangenen 17 Jahren haben wir nur vier Bewohner wegen Weglaufgefahr in beschützende Einrichtungen verlegen müssen."

Auch im Dorfener Marienstift gibt es keine beschützende Station, und es kommt schon mal vor, dass jemand auf eigene Faust das Haus verlässt. Ein dementer Bewohner sei mal "nach Hause getrampt", sagte Einrichtungsleiterin Marion Prey. "Wir haben am Wochenende niemanden an der Rezeption, da kann das mal vorkommen." Ansonsten setze man auch im Marienstift darauf, die Bewohner in die Tagesabläufe einzubinden, "das nimmt sehr viel Spannung raus". Nach der Eingewöhnungsphase relativiere sich das sehr schnell: "Hinlauftendenzen", wie man das mittlerweile nenne, kenne sie im Marienstift "fast gar nicht". Sie wisse jedoch von einer anderen Einrichtung, die sich nicht im Landkreis befinde. Dort habe man auf dem Gelände eine falsche Bushaltestelle aufgestellt, wo man solche Hinläufer dann wieder einsammeln könne. "Aber das", sagte Marion Prey, "finde ich schon ziemlich krass."

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