Selfies von der Grillparty:#Bundestagswahl

Soziale Netzwerke sind ein beliebtes Instrument im Wahlkampf. Vor allem an den Facebook-Posts und Tweets der Direktkandidaten ist das zu erkennen

Von Konstantin Schätz

Kein Selfie mit potenziellen Wählern, keine Aufnahme seines Abendessens - sogenannter Foodporn -, nicht einmal ein Bild zusammen mit Martin Schulz ist zu finden, wenn man "Ewald Schurer" bei Instagram eingibt. Wer in der Sphäre dieses Social-Media-Kanals lebt, bei dem man ausschließlich Bilder und Videos hochladen kann, wird kaum etwas mit dem Namen des SPD-Direktkandidaten anfangen können. Denn lediglich unter einem einzigen "Hashtag" - das Rautezeichen, mit dem in sozialen Netzwerken häufig benutzte Wörter miteinander verbunden werden - ist ein Bild des Politikers zu finden: #EwaldSchurer.

Es ist allerdings ein Bild, das sich in seiner Symbolik kaum übertreffen lässt. Zielsicher und sichtlich erheitert hält er den Lenker des Tandems fest. In die Pedale treten muss der Sozialdemokrat in seinem roten SPD-T-Shirt allerdings nicht. Warum auch. Schließlich ist er der Steuermann, der die Aufgabe hat, seine Parteikollegen sicher ans Ziel zu lenken.

Deutlich mehr Präsenz zeigt Schurer hingegen auf seiner Facebookseite. Zusammen mit Kanzlerkandidat Martin Schulz lacht er aus dem Bildschirm. Die Blicke der beiden Männer zeigen Zuversicht und Freude. Kein Wunder, denn als Ewald Schurer das Bild online stellte, war die SPD beflügelt vom "Schulz-Effekt" und bewegte sich in Umfragen noch in Bereichen, die zu schlotternden Knien in der Union führten.

Bundestagswahl 2013, Kandidaten, Online, Internet

Andreas Lenz von der CSU veröffentlicht auch selbstironische Beiträge.

(Foto: privat)

Eher verbissen sieht Schurer allerdings auf dem letzten Bild aus, das auf seiner Facebookseite veröffentlicht wurde. "Starker Auftritt und klare Kante von Martin Schulz gestern beim TV-Duell - das war absolutes Kanzlerformat", ist unter dem Bild zu lesen.

Auch Andreas Lenz, Direktkandidat der CSU, äußerte sich auf Facebook zu dem TV-Duell. Allerdings ohne Bild - eher untypisch für den Social-Media-freudigen "Bundes-Andi". Mit einem einfachen "Einmal mehr wird klar, dass die effektive Kontrolle der EU-Außengrenzen unerlässlich ist! #TVDuell #BTW17", äußert sich der 36-Jährige zu dem Schlagabtausch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Schulz.

Neben den klassischen Wahlkampf-Postings, die auch bei Schurer zu finden sind, veröffentlicht Lenz allerdings auch selbstironische Beiträge. So lud der CSU-Politiker kürzlich ein Wahlplakat von der Satirepartei "Die Partei" hoch, in dem ursprünglich das Gesicht des CDU-Politikers Volker Bouffier zu sehen ist. Über dem Porträt ist zu lesen: "Wie sexy darf Politik sein?" In dem hochgeladenen Foto wurde allerdings das Gesicht von Bouffier mit dem von Andreas Lenz ausgetauscht. Eine Aktion, die zur Erheiterung des CSU-Politikers führte: ",Die Partei' hat einen 'Anti-Terroranschlag' auf mich verübt - ich find's schon recht lustig", schreibt Lenz darüber.

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Auf Instagram ist nur das Bild von Ewald Schurer auf dem Tandem zu finden.

(Foto: privat)

Auch bei Twitter und Instagram ist Lenz aktiv. Auffällig ist dabei, dass er die verschiedenen sozialen Netzwerke unterschiedlich nutzt. Während er in Facebook hauptsächlich seriösen Wahlkampf betreibt, nutzt er Twitter, um sich regelmäßig über andere Parteien lustig zu machen. So schreibt er einmal "Auch kein leichtes Los #Erdogan kandidiert in #Rosenheim für die SPD-Berlin" und zeigt darunter ein Wahlkampfplakat des SPD-Politikers Abuzar Erdogan. In Instagram ist er hingegen bei Grillpartys zu sehen, lädt Selfies hoch oder veröffentlicht Landschaftsbilder, die er mithilfe von Instagram-Filtern nachbearbeitet hat.

Auch die junge Grünen-Politikerin Anna Maria Lanzinger erheitert ihre Follower mit ihren Tweets. Die 21-Jährige, mit dem Twitter-Namen @gruenhintermohr, nutzt die sozialen Medien ebenfalls vielseitig. Auch Lanzinger stichelt gegen andere Parteien. So erwidert sie auf die Aussage von CDU-Politiker Peter Tauber, "wenn Sie etwas Ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs", mit dem Satz, "wenn Sie etwas Ordentliches gelernt hätten, müssten wir Sie jetzt nicht in der Politik und auf Twitter ertragen".

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Anna-Maria Lanzinger erheitert ihre Follower mit ihren Tweets.

(Foto: privat)

Auch scheinbar private Details gibt die 21-Jährige von sich preis: "Ratet, wer sich nen Haartrimmer gekauft hat." Was anfangs wirkt wie ein banaler Beitrag, hat allerdings einen eher ernsten Hintergrund: "Das war quasi ein Boykott. Da ich sehr kurze Haare hab, ist der Aufwand für einen Friseur nicht größer als bei einem Mann. Dennoch muss ich den höheren Frauenpreis zahlen. Der Post war also als Zeichen gegen Sexismus gedacht."

Wieso mit Lenz und Lanzinger ausgerechnet die etwas jüngeren Politiker viel in den sozialen Netzwerken aktiv sind, könnte sich durch eine Statistik des Portals Statista erklären lassen. Demnach sind vor allem die zwischen 14- bis 29-Jährigen bei Facebook mit 70 Prozent vertreten. Auch die 30- bis 49-Jährigen nutzen häufig dieses Medium. Ähnlich verhält sich die Kurve bei anderen sozialen Netzwerken wie Instagram und Twitter.

Dass sich die Social-Media-Präsenz nicht auf alle jüngeren Kandidaten anwenden lässt, ist allerdings an Christina Treffler von der ÖDP und an Lukas Schmid von den Linken zu erkennen. Lediglich private Accounts sind bei diesen beiden Politikern zu finden. Auch die öffentlich geteilten Beiträge über das politische Geschehen sind hier eher überschaubar.

Peter Pernsteiner von der FDP orientiert sich dagegen an der Vorzeigefigur Christian Lindner, der auf vielen Wahlplakaten mit Smartphone abgebildet ist und kürzlich mithilfe der beliebten Social-Media-App "Jodel" Fragen der jungen Wähler beantwortet hat. Zwar bedient sich der liberale Direktkandidat von Ebersberg-Erding nicht solcher außergewöhnlichen Methoden, allerdings nutzt auch er unter anderem Facebook, um politische Veranstaltungen anzukündigen und Selfies aus einem Wirtshaus zu veröffentlichen und freundlich in die Kamera zu lächeln.

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Anrdeas Lenz macht in Facebook hauptsächlich seriösen Wahlkampf. Er nutzt Twitter, um sich über andere Parteien lustig zu machen.

(Foto: privat)

Ähnlich nutzen der Bayernpartei-Politiker Andreas Zimmer und die AfD-Politikerin Brigitte Fischbacher das Internet. Während sich allerdings Zimmer überwiegend mit Wahlkampf seiner Partei beschäftigt, konzentriert sich die politische Quereinsteigerin darauf, Journalisten auf die Finger zu schauen, Fernsehmoderatoren zu kritisieren und von "Propaganda Fernsehen" zu sprechen. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommt die Flüchtlingsdebatte und der Umgang anderer Parteien mit eben dieser: "Wieder einmal zeigt unsere Bundeskanzlerin, dass sie die Europa und Deutschland zerstörende millionenfache und illegale Einwanderung will", heißt es bei ihr.

Dass man aber auch in Zeiten des Wahlkampfs harmonisch miteinander umgehen kann, ist auf dem kürzlich veröffentlichten Bild von Andreas Lenz zu sehen. Das Bild zeigt den CSU-Politiker freundlich in die Handykamera lächelnd. Neben ihm steht Sozialdemokrat Ewald Schurer mit Breze im Mund. Über das Bild schrieb Lenz: "Mir ist das ,S' im Namen der CSU sehr wichtig - deshalb gibt's auch für den SPD-Kandidaten eine Breze 😀 - außerdem san ma Demokraten #btw17".

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