Seifenoper aus Erding:Vertraut wie ein paar Schuhe

Aus der Hamburger Großbank in ein Erdinger Modehaus: Die dritte Staffel der bayerischen Fernsehserie "Franzi" spielt wieder in Erding und mit den Klischees charmanter Kleinstädte.

Anja Perkuhn

Ein Kino wie das Cineplex ist in der Regel nicht gerade der persönlichste Ort, den eine Stadt vorzuweisen hat. Die Popcornbecher haben deutschlandweite Einheitsgröße, der Teppichboden Einheitsfarbe, und die Kinosessel stehen in ihrer braven Einheitlichkeit genau so auch in Kulmbach, Friedrichshafen und Berlin. Am Donnerstagabend wurde das Cineplex Erding aber für eine kurze Zeit zum Herzstück der Stadt mit der Vorpremiere von drei Folgen der dritten Staffel der bayerischen Serie "Franzi." Die Serie spielt in Erding, bildet die Kleinstadt jeden Freitag (22.05Uhr, BR) auf dem Fernsehbildschirm ab und ist so eine Botschafterin Erdings.

Seifenoper aus Erding: Im zweiten Anlauf sah es ungezwungen genug aus: Die Schauspieler der Serie "Franzi" (links Hauptdarstellerin Jule Ronstedt) auf dem Weg zur Vorpremiere von drei Folgen der neuen Staffel im Erdinger Cineplex.

Im zweiten Anlauf sah es ungezwungen genug aus: Die Schauspieler der Serie "Franzi" (links Hauptdarstellerin Jule Ronstedt) auf dem Weg zur Vorpremiere von drei Folgen der neuen Staffel im Erdinger Cineplex.

(Foto: Peter Bauersachs)

In freudiger Erwartung steigen die Hauptdarsteller der Serie ungezwungen plaudernd die Treppe des Kinos hinauf - und gleich auch wieder hinunter, um noch einmal in freudiger Erwartung und ungezwungen plaudernd die Treppe hinaufzusteigen. Durch die Kameraobjektive des Bayerischen Rundfunks musste es zu freudig ausgesehen haben oder nicht freudig genug, aber nun passt es, sie dürfen weitergehen und in den knarzenden Rattanstühlen in einem Nebenzimmer Platz zu nehmen.

Stephan Zinner (Darsteller des Robert) lässt seinen Blick unentschlossen über das silberne Tablett auf dem Tisch gleiten. "Was soll ich denn für ein Brötchen nehmen?", fragt er die Serien-Franzi Jule Ronstedt. Sie empfiehlt Wurst, er nimmt Camembert. Der große, kahlköpfige Mann versucht sich an einem schuldbewussten Blick, bevor er noch die Garniertomate von einer anderen Semmel klaut, und trollt sich. Ronstedt schaut milde lachend hinterher.

Das Bild einer entspannten Serien-Großfamilie scheint - ob gewollt oder ungewollt - an diesem Abend das erstrebenswerte zu sein. In der dritten "Franzi"-Staffel geht es passenderweise auch darum, wie die weltgewandte Franzi, ehemals Bankerin, sich inzwischen heimisch fühlt im recht überschaubaren Erding. "Erding ist die typische schmucke Kleinstadt", sagt Ronstedt, "und vielleicht auch ein bisschen verloren. Es ist ja nicht gerade eine Stadt, in der man als junge Frau bleibt, um Karriere zu machen."

Trotzdem ist Franzi geblieben, führt mit ihrem Freund Werner gemeinsam ein Modehaus, die Mutter Traudl - Fotografin und Inhaberin eines Ateliers - hat einen jüngeren Freund Hakan, der Bademeister ist in der Therme Erding. Zusätzlich zu den vorprogrammierten Reibereien in den Partnerschaften gibt es natürlich auch bei "Franzi" ein kleines Stück Vergangenheit in Form der alten Kollegin aus Hamburg, mit der die Protagonistin in ihrem neuen, so ganz anderen Leben konfrontiert wird.

Der eigene Alltag im Fernsehen

Warum solch im Grunde einfachen Plots zusammen mit ein wenig Lokalkolorit so gut funktionieren, warum tatsächlich mehr als 150 Menschen zu der Vorpremiere kommen, das kann sich Jule Ronstedt nicht so einfach erklären. "Da bin ich ein schlechter Ansprechpartner, ich schaue gar keine Serien. Das ist schon ein bisschen peinlich, aber ich bin überhaupt ein schlechter Fernsehgucker. Ich lasse mich dann so leicht ablenken, es gibt Zuhause ja zu viel zu tun", sagt sie. "Aber es scheint für viele Menschen beruhigend zu sein, abends nach Hause zu kommen und im Fernsehen das zu sehen, was sie eigentlich den ganzen Tag selbst erlebt haben."

Die Figur der Franzi ist der 40-Jährigen inzwischen sehr vertraut, sagt sie. "Das ist wie ein paar Schuhe, das man anzieht, und dann passt alles wieder." Von Juni an dreht das Team um Regisseur Matthias Kiefersauer und Drehbuchautor Peter Bradatsch die vierte Staffel. Und auch da, sagt Ronstedt, selbst Regisseurin und Autorin, gehe es wieder darum, den richtigen Ton zu treffen. "Es ist ja immer eine Gratwanderung dazwischen, Pointen zu setzen, aber gleichzeitig nicht zu sehr draufzudrücken." Und das Lachen der Zuschauer ist immer gleich eine direkte Reaktion. "Wenn jetzt keiner lacht", sagt sie kurz bevor die Folgen auf der Leinwand aufleuchten, "wäre das schon schlimm."

Haben sie dann natürlich doch. Gute Pointen gibt es schließlich auch in einer gewissen Einheitsgröße.

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