Schöffengericht:Geballer auf dem Einödhof

Bei einem Ehestreit schießt ein Mann mit einer Pistole. Ein Spezialeinsatzkommando durchsucht das Haus und findet auch Gewehre sowie 2000 Schuss Munition. Der Täter wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Thomas Daller, Dorfen

Ende August vergangenen Jahres schrillten bei der Dorfener Polizei die Alarmglocken: Eine Frau, die zunächst anonym bleiben wollte, teilte den Beamten telefonisch mit, auf einem Einödhof bei Dorfen habe ein Mann mit einer Pistole geschossen. Dieser Mann verfüge über ein ganzes Waffenarsenal und Munition. Die Inspektion rief ein Spezialeinsatzkommando zu Hilfe, lockte den Mann unter einem Vorwand weg und durchsuchte das Haus. Zum Vorschein kamen ein Winchester- Gewehr, eine Pistole Walther P38, ein funktionstüchtiger Vorderlader, etwa 2000 Schuss Munition, darunter eine Leuchtspurpatrone, die unter das Kriegswaffengesetz fällt, ein Gasrevolver und ein Kilo Schwarzpulver. Das Schöffengericht hat den Mann nun zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, er muss sich einer Psychotherapie unterziehen und 1000 Euro an den Verein Prop zahlen.

Bei der Anruferin handelte es sich um die Frau des 61-jährigen Angeklagten. Auf dem Anwesen lebt zudem noch die Schwiegermutter, zu der der 61-Jährige ein gespanntes Verhältnis hat. Er konkurriert mit ihr um die Zuneigung seiner Frau. Seine Frau habe sich nie von ihrer Mutter abgenabelt, er spiele in dieser "Dreierbeziehung" eine Nebenrolle, worunter er sehr leide. Am Tattag sei er deswegen sehr verzweifelt gewesen, und habe ihr gedroht, sich umzubringen. Er habe aber dann doch nur einen Schuss mit der Pistole in den Garten gefeuert. Seine Frau war jedoch in Sorge, er könne in dieser Stimmung auch ihrer Mutter etwas antun und informierte die Polizei, die dann mit dem SEK anrückte.

Die Herkunft der Waffen erklärte der Angeklagte vor Gericht damit, dass sowohl sein Vater als auch sein Schwiegervater Zimmerer gewesen seien, die gelegentlich ältere landwirtschaftliche Anwesen abgebrochen hätten. Dabei hätten sie auf den Dachböden auch alte Waffen und Munition gefunden. Lediglich den Gasrevolver habe er selbst gekauft, den er aber nur dazu verwendet habe, an Silvester sogenannte Zündhütchen zu verschießen. Es sei ihm auch nicht bewusst gewesen, dass der Besitz der Waffen eine Straftat sei. Und er habe keinesfalls angenommen, dass sich unter der Munition eine Patrone befinde, die unter das Kriegswaffengesetz falle.

"Ich war damit beschäftigt, 2000 Schuss zu zählen", sagte eine Beamtin der Dorfener Polizeiinspektion, die als Zeugin geladen war. Die Leuchtspurpatrone habe sich lediglich durch rote Farbe auf dem Projektil von den anderen unterschieden. Erst ein fachlich versierter Kollege habe die Patrone als Leuchtspurgeschoss identifiziert. Bei einem Schusstest durch das Landeskriminalamt habe sich herausgestellt, dass sie noch voll funktionstüchtig gewesen sei.

Der Angeklagte hatte bei der Hausdurchsuchung mitgeholfen und den Polizisten gezeigt, wo Waffen und Munition gelagert waren. Anschließend wurde er in die Psychiatrie in Taufkirchen gebracht und dann in eine psychosomatische Therapie. Mittlerweile ist er auch von zu Hause ausgezogen und wohnt nun in Niederbayern.

Vor Gericht zeigte er Reue und gab sich einsichtig: "Ich möchte mich für diesen Unsinn entschuldigen, auch bei der Polizei." Er sei bei der Tat alkoholisiert gewesen, nüchtern wäre das nicht passiert. Sein Fehler sei es auch gewesen, dass er sich nicht darum gekümmert habe, ob sein Waffenbesitz gegen das Gesetz verstoße.

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, dass er von Waffen fasziniert gewesen sei und deshalb auch die Winchester zusammen mit zahlreichen "Hirschfänger"-Messern in einer Vitrine aufbewahrt habe: "Man kann sich auch schlau machen, was man da hat." Beim Kriegswaffengesetz ging die Staatsanwaltschaft aufgrund der Umstände von einem minderschweren Fall aus. Sie forderte ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Björn Schindler verurteilte den 61-Jährigen zu einem Jahr auf Bewährung. Dabei spielte es auch eine Rolle, das der Angeklagte nicht vorbestraft war, er eine günstige Sozialprognose habe und auch die Wohnsituation mit der Schwiegermutter entschärft habe. Schindler ging von einem "bedingten Vorsatz" aus: "Es war ihnen wurscht, was sie da haben." Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt, außerdem wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: