Konventionell und artgerecht:Landwirte wehren sich gegen Kritik

Konventionell und artgerecht: Susanne Berghammer gibt dem Bullenkalb Starthilfe. Am 29. Mai kann sich jedermann ein Bild von dem Betrieb in Reschenberg in der Gemeinde St. Wolfgang machen.

Susanne Berghammer gibt dem Bullenkalb Starthilfe. Am 29. Mai kann sich jedermann ein Bild von dem Betrieb in Reschenberg in der Gemeinde St. Wolfgang machen.

(Foto: Renate Schmidt)

Milchbauer Martin Berghammer hat 100 Kühe. Der Bauernverband betont, dass die Agrarwirtschaft Vertrauen verdiene

Von Philipp Schmitt, Sankt Wolfgang

Im Vorfeld der Grünen Woche in Berlin hat der Kreisverband des Bayerischen Bauernverbands (BBV) zu einem Stallgespräch in den neu gebauten Milchviehstall des Milchbauern Martin Berghammer nach Reschenberg in der Gemeinde Sankt Wolfgang geladen. Am Beispiel der dort lebenden 100 Kühe wolle man zeigen, dass auch konventionelle Tierhaltung in mit modernen Melksystemen ausgestatteten Ställen artgerecht erfolgen kann: "Der neue Stall der Familie Berghammer ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Bauern nicht nur kritisieren lassen müssen, sondern sich mit moderner Tierhaltung auch mit Blick auf das Tierwohl sehen lassen können. Die Betriebe arbeiten mit tiergerechten Hallen zeitgemäß und verdienen das Vertrauen der Verbraucher", sagte der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) Hans Schwimmer beim Gespräch im neuen Stall.

Produkte verdienen Wertschätzung

Schwimmer wies darauf hin, dass die Landwirte und Tierzüchter ständig neue Herausforderungen aufgrund von aktuellen Markt- und Preisentwicklungen und bürokratischen Hürden bewältigen müssen. Darüber hinaus sollten sie nicht durch Demonstrationen in die Kritik geraten, die von Tierschützern wieder zur Grünen Woche angekündigt wurden. Dies sei aus Sicht des BBV nicht fair. Dagegen wolle der Verband sich in den Medien zur Wehr setzen. Kreisbäuerin Elisabeth Mayr wies darauf hin, dass am Samstag Tausende Demonstranten in Berlin Kritik an den derzeit praktizierten Methoden der Tierhaltung und Agrarwirtschaft zum Ausdruck bringen werden.

Schwimmer und Mayr sagten, dass moderne Landwirtschaft und Tierhaltung dem Umwelt- und Verbraucherschutz und dem Wohl der Tiere Rechnung trage. Die in Deutschland und im immer noch stark von der Landwirtschaft geprägten Bayern erzeugten Produkte würden höchste Qualitätsanforderungen erfüllen und entsprechende Wertschätzung verdienen: "Das Vertrauen der Verbraucher ist ein hohes Gut, das uns sehr wichtig ist", hieß es dazu.

Viel Platz im Stall

Bei kostenintensiven Stall-Neubauten wie auf dem Hof der Familie Berghammer werde den Tieren großzügig Platz im Stall eingeräumt, um eine artgerechte Haltung zu ermöglichen: "Wir wollen, dass es unseren Tieren im Stall gut geht", sagte Martin Berghammer. Er möchte durch die Investition in den neuen Kuh- und den Kälberstall mit Ehefrau Susanne und der kleinen Tochter Anna den von seinem Vater Jakob vor einigen Jahren übernommenen traditionsreichen Familienbetrieb in eine gute Zukunft führen. "Uns ist wichtig, dass es den Kühen hier im Stall sichtlich saugut geht", sagte Susanne Berghammer.

Um derzeit 100 und künftig bis zu 127 Kühe im neuen Stall unterbringen zu können hat sich die Familie an die erheblichen Investitionen gewagt, um in den nächsten Jahrzehnten den Betrieb unter modernen Rahmenbedingungen fortzusetzen. Am 29. Mai können sich Besucher selbst ein Bild vom neuen Kuh- und Kälberstall in Reschenberg machen, denn dann können beim Tag des offenen Stalls die Neubauten besichtigt werden; ebenso wie die benachbarten milcherzeugenden Betriebe und Biogasanlagen von Josef, Anton und Ortsbäuerin Helene Lohmaier sowie von Josef Kirzeder in Unterthalham in der Gemeinde Sankt Wolfgang:

Trend zu größeren Strukturen

"Wir werden den Besuchern die Hoftüren gerne öffnen, damit sich die Leute selbst an Ort und Stelle informieren können", sagten Berghammer und Josef Lohmaier. Mit seinen nagelneuen Ställen in Reschenberg steht die Familie Berghammer beispielhaft für die aktuellen Entwicklungen: Noch hat ein durchschnittlicher bayerischer Milchbauer nur 33 Kühe und damit deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt im Stall.

Doch der Trend geht zu größeren Strukturen und größeren Ställen. Die Zahl der Betriebe wird weiter sinken ohne dass sich die Zahl von derzeit 1,2 Millionen Milchkühe in Bayern spürbar verändern wird, weil die überlebenden Betriebe größer werden. Schwimmer und Mayr machten allerdings beim Stallgespräch klar, dass die Bauern nach wie vor viele Herausforderungen meistern müssen: Der Milchpreis ist ebenso wie der Schweine- und Kälberpreis im Keller.

Chinas Krise wirkt sich bis Bayern aus

Nach wie vor machen die im harten Preiswettbewerb untereinander stehenden großen Lebensmitteldiscounter durch Preisdumping beim Rohstoffeinkauf den Erzeugern das Leben schwer. Auch die heftige Wirtschaftskrise in China und die daraus resultierende geringere Nachfrage nach Milchprodukten und das EU-Embargo für Russland mache den Landwirten in Bayern zu schaffen. Diese Konflikte dürften nicht zum Nachteil der Bauern ausgetragen werden. Wenigstens der niedrige Ölpreis spielt den Bauern bei den Produktionskosten positiv in die Karten, Heizöl und Diesel sind relativ günstig, wobei die Stromkosten nach wie vor auf hohem Niveau seien, sagte Schwimmer.

Auch die unklare künftige Förderpraxis von Biogasanlagen verunsichere Landwirte. Es müsse 2016 in Berlin gelingen, auch Biogas bei der Energiewende zu integrieren und auch künftig zu fördern. Die landwirtschaftlichen Betriebe bräuchten wieder klare Signale und stabile Rahmenbedingungen für mehr Planungssicherheit im Agrarsektor.

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