Rückblick :Aus Erzfeinden wurden Freunde

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1800 standen sich in Hohenlinden Franzosen, Bayern und Österreicher gegenüber. Der historische Verein setzt dagegen auf Völkerverständigung

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden

An den Sommer 2000 erinnern sie sich in Hohenlinden immer noch gerne. Damals ließen 500 Darsteller in sieben ausverkauften Freiluftaufführungen die Ereignisse der Schlacht von Hohenlinden aufleben, die sich im Jahr 1800 rund um die Gemeinde zugetragen hatte. 200 Jahre später ließen sich Tausende Zuschauer auf die Reise in die Geschichte mitnehmen. Der Ort war in einem Ausnahmezustand: Hohenlinden platzte aus allen Nähten, es war kreative Energie und ein ungewöhnlich intensives Wir-Gefühl zu spüren. "Der Verein kann auf eine Erfolgsgeschichte zurück blicken", sagte Bürgermeister Ludwig Maurer bei der Feier zum 20-jährigen Bestehens des historischen Vereins "Hohenlinden 2000".

Die durch das Engagement des im Juni 2010 gestorbenen Gründungsvorsitzenden Alfons Nagl erst möglich gewordenen Aufführungen "Knechte der Schlacht" im Juli 2000 waren der bisherige Höhepunkt in der noch jungen Historie des 1996 auf Anregung von Manfred Bergmeister gegründeten historischen Vereins. "Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren sehr intensiv, Alfons Nagl hat sich enorm eingesetzt", sagte Maurer, der ebenfalls Gründungsmitglied und zweiter Vorsitzender des Vereins ist. Der Gemeindechef erinnerte an weitere Projekte: Das Denkmal zur Entscheidungsschlacht vom 3. Dezember 1800 wurde von Kunstschmied Manfred Bergmeister konzipiert und errichtet, 2006 wurde mit einem Open-Air die nach dem Sieg Frankreichs in Hohenlinden über Bayern und Österreich erst möglich gewordene Erhebung Bayerns durch Napoleon zum Königreich 1806 gefeiert. Zudem organisierten Nagl und seine Mitstreiter 2003 das Theaterstück "Die hohe Kirch". Doch damit, an das Vergangene zu erinnern, begnügt sich der Verein nicht mehr. Er will zur Völkerverständigung beitragen und auf das durch Krieg verursachte Leid hinzuweisen.

Es gibt enge Kontakte nach Frankreich, wie Maurer und der Vorsitzende Martin Hubner berichteten. Auch junge Leute interessieren sich für das historische Erbe: Mit Schülern des Franz-Marc-Gymnasiums hat der Verein den im Ersten Weltkrieg ausgelöschten Ort Fleury bei Verdun besucht und für die deutsch-französische Freundschaft geworben. Durch die Begegnungen, so hieß es, wolle "Hohenlinden 2000" einen Beitrag zum Frieden leisten und damit auch die Arbeit des Gründungsvorsitzenden, der 14 Jahre die Geschicke des Vereins mit Engagement leitete, fortsetzen.

Seit sechs Jahren ist Martin Hubner Vorsitzender, er setzte im Verein neue Akzente: durch Reisen, Vorträge und den 2012 realisierten Radweg mit über Smartphones abrufbaren Filmen und Hinweisen auf die Schauplätze der Schlacht. "Wir werden zwar kein Reisebüro, werden aber auch in den nächsten Jahren viel unternehmen", kündigte Hubner an. Die Reisegruppen haben am Pariser Triumphbogen das Ornament, in der Krypta des Invalidendoms die Inschrift Hohenlinden und in der Schlachtengalerie im Schloss Versailles das monumentale Gemälde zur Schlacht und in Verdun die Gedenkstätte besichtigt und an mehreren Stellen in Frankreich Linden gepflanzt. Im Gegenzug wird beim Besuch am ersten Adventswochenende eine französische Besuchergruppe einen Baum aus Frankreich in Hohenlinden pflanzen: "Durch diese Besuche wächst Europa im Kleinen zusammen", sagte Maurer.

Fotos von den Veranstaltungen und Ausflügen der vergangenen 20 Jahre hatte Museumsleiter Rolf Kaiser zusammengestellt und im Wendlandhaus präsentiert. Dabei ist ein kürzlich entdecktes Bild, aufgenommen vor mehr als einem Jahrhundert, Anlass für den Festvortrag der Historikerin Claudia Oelnwein gewesen. Es zeigt Bürger in Festlaune mit Ehrengästen vor dem Kirchturm und einem Motorbus. Das Foto halte den Umbruch vom Postkutschen ins Motorbus- und Eisenbahnzeitalter fest, sagte Oelnwein. Zunächst startete 1771 das Zeitalter der Postkutschen, damals erlaubte Fürst von Thurn und Taxis eine Haltestelle zum Pferdewechsel beim Posthalter. In Folge der Schlacht 1800 mit abgebrannten Gebäuden und plündernden Soldaten musste der erste Posthalter 1801 an den Markt Schwabener Gastwirt Peter Stangl verkaufen. 1907 übernahm der letzte Posthalter Josef Leiss bis Februar 1913 die Posthalterei, ehe am 1. März 1913 die Motorpostbusse auf der Linie von Feldkirchen bis Hohenlinden die Kutschen verdrängten.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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