Religion:"Kein Glaube rechtfertigt das Töten"

Ali Kemal Imamoglu spricht im SZ-Interview darüber, wie wichtig der offene Umgang mit dem Islam gerade in Zeiten des Terrors ist. Die Gemeinde lädt am Sonntag zum Tag der offenen Tür in die neuen Moschee ein

Interview von Andreas Junkmann, Erding

Sie ist das Zentrum der Islamischen Gemeinde in Erding und weitaus mehr als nur ein Gebetshaus: Die Moschee in der Roßmayrgasse ist eine Begegnungsstätte für alle Muslime. Seit Januar 2015 wurde das ehemalige Stadttheater aufwendig renoviert. Inzwischen finden dort regelmäßig Gebete statt. Im Rahmen eines Tags der offenen Tür präsentiert nun die Islamische Gemeinschaft Erding am Sonntag, 3. April, von 13 bis 18 Uhr, ihre neue Moschee der Öffentlichkeit. Im Interview mit der Erdinger SZ spricht der Vorsitzende Ali Kemal Imamoglu darüber, was bei der Besichtigung auf die Besucher zukommt und wie wichtig der offene Umgang mit dem islamischen Glauben gerade in Zeiten des Terrors ist.

SZ: Herr Imamoglu, was erwartet die Besucher am Tag der offenen Tür in der Moschee?

Wir wollen unsere Moschee allen zeigen. Nicht nur den Deutschen, sondern tatsächlich allen Bürgern, die sich dafür interessieren. Vor allem auch unseren Nachbarn. Da gab es anfangs schon gewisse Vorbehalte, als sie erfahren haben, dass in Räume des ehemaligen Stadttheaters eine Moschee reinkommt. Aber inzwischen haben wir ein richtig gutes Verhältnis. Vergangenes Jahr gab es keinen Tag der offenen Tür. Warum jetzt doch wieder?

Religion: Die Moschee in der Roßmayrgasse ist eine Begegnungsstätte für alle Muslime. Seit Januar 2015 wurde das ehemalige Stadttheater aufwendig renoviert.

Die Moschee in der Roßmayrgasse ist eine Begegnungsstätte für alle Muslime. Seit Januar 2015 wurde das ehemalige Stadttheater aufwendig renoviert.

(Foto: Renate Schmidt)

Wir veranstalten eigentlich jedes Jahr einen Tag der offenen Tür. Normalerweise machen wir den immer am 3. Oktober, aber da waren wir noch mit den Umbauarbeiten der Moschee beschäftigt. Inzwischen ist alles fertig. Deshalb laden wir jetzt am 3. April ein. Gibt es für die Besucher irgendetwas zu beachten, wenn sie die Moschee betreten?

Die Besucher können sich alles anschauen, was sie interessiert. Es gibt was zu trinken und zu essen. Alle können sich frei bewegen und wer will, kann sogar Fotos machen. Im Gebetsraum müssen aber die Schuhe ausgezogen werden. Im Vorraum sind Schuhe kein Problem, da liegt auch kein Teppichboden. Sind Frauen auch erwünscht?

Selbstverständlich. Frauen sind wie alle anderen herzlich eingeladen. Wir wollen unsere Tür für alle öffnen. Ganz gleich, ob Männer, Frauen oder Kinder. Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen. In Erding gibt es viele verschiedene Staatsbürger mit islamischen Glauben. Was tun Sie, um als Verein für alle da zu sein?

Muslime gibt es in ganz vielen verschiedenen Nationen. Das sind bei weitem nicht nur Türken. In unserer Gemeinschaft sind natürlich alle willkommen. Unsere Gottesdienste halten wir traditionell auf Arabisch und immer freitags auf Deutsch. Bei uns ist Deutsch so etwas wie die internationale Sprache. Im Gegensatz zu Englisch verstehen das alle hier. Steht die Islamische Gemeinschaft auch in Kontakt mit den christlichen Kirchen in Erding? Wir stehen eigentlich im stetigen Austausch. Alle Pfarrer haben sogar eine eigene Einladung zum Tag der offenen Tür bekommen. Aber nicht nur zu den Kirchen haben wir ein gutes Verhältnis, sondern eigentlich zu allen Vereinen und Organisationen in der Stadt. Ist nach den Terroranschlägen in Brüssel, die von Mitgliedern des sogenannten Islamischen Staat verübt wurden, ein Tag der offenen Tür besonders wichtig?

Religion: Ali Kemal Imamoglu ist der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft in Erding und an einem guten Verhältnis mit allen Erdingern interessiert.

Ali Kemal Imamoglu ist der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft in Erding und an einem guten Verhältnis mit allen Erdingern interessiert.

(Foto: Renate Schmidt)

Auf jeden Fall. Viele Leute lesen und sehen in den Medien nur, dass Muslime schwere Verbrechen begangen haben, und bekommen dadurch ein völlig falsches Bild von uns. Die Leute sollen aber wissen, was der islamische Glaube tatsächlich bedeutet. Auch deshalb laden wir alle zu uns ein. Die Besucher sollen sich selbst ein Bild davon machen, wer wir wirklich sind. Kommen manchmal Menschen auf Sie zu und äußern Vorbehalte gegenüber dem Islam?

Auf mich persönlich eigentlich nicht, aber wir haben in unserer Gemeinschaft extra einen Islamberater, zu dem viele Menschen kommen. Das sind ganz verschiedene Leute, die da Beratung suchen. Und wir sind auch offen für alle Fragen. Wer etwas wissen will, bekommt dort alle Antworten rund um den Islam. Was halten Sie als Vorstand der Islamischen Gemeinde in Erding davon, wenn jemand im Namen Ihres Glaubens tötet?

Menschen zu töten ist im Islam absolut verboten. Ich sage da ganz klar: ein Terrorist ist kein Muslim, sondern ein Terrorist. Weder im Islam, noch im Christentum oder in irgendeiner anderen Religion rechtfertigt der Glaube das Töten. Terroristen sind Verbrecher und keine Gläubigen. Bei uns im Islam heißt es, wer auch nur einen Menschen tötet, der tötet alle - wer aber nur einem hilft, der hilft allen Menschen.

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