Rechtsstreit mit Ex-Manager:Lieblingswohnsitz Flughafen

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Skurrile Vorliebe: Ein ehemaliger Manager will im Ruhestand unbedingt am Flughafen München leben.Trotz Hausverbot der Flughafengesellschaft beharrte der Mann darauf, dass der Airport ein öffentlicher Raum sei. Nun folgten gerichtliche Konsequenzen.

Florian Tempel

Die Vorurteile kennt der ehemalige Manager alle - und deshalb wehrt er sich dagegen: Er sei kein Obdachloser, sagt er, bloß weil er keine feste Wohnung habe. Er sei "Privatier und Rentner mit wechselnden Wohnsitzen - und einer davon ist der Flughafen München". Dass dem 66-Jährigen der Aufenthalt an seinem Lieblingswohnsitz seit langem per Hausverbot untersagt ist, will er nicht akzeptieren. Deshalb wohnt er nun im Gefängnis.

Übernachten im Terminal: Längere Aufenthalte am Flughafen sind Reisenden nur in Notfällen erlaubt. (Foto: dpa)

Das Amtsgericht Erding verurteilte ihn unter anderem wegen Hausfriedensbruchs in 118 Fällen zu 16 Monaten Haft. Dazu kommen vier weitere Monate aus einer einschlägigen Vorstrafe, die auf Bewährung ausgesetzt war. Doch wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird, will er zurück an den Flughafen - "aufgrund meines Rechtes auf Freizügigkeit".

Der Angeklagte ist von einer fixen Idee besessen: Der Flughafen sei ein öffentlicher Raum, da könne es kein Hausverbot geben. Nicht für ihn und auch nicht für andere. Er sieht sich als Vorkämpfer für alle Obdachlosen und Alkoholiker, die die Flughafen München Gesellschaft (FMG) nicht in ihren Hallen dulden will. Ein aussichtsloses Unterfangen. Die Rechtslage sei eindeutig, sagte die Erdinger Richterin Yvonne Folk in der Urteilsbegründung. Die FMG dürfe als Privatgesellschaft Personen ohne Reiseabsichten Hausverbote erteilen.

Der Lebenslauf des ausweislich eines IQ-Tests überdurchschnittlich intelligenten Angeklagten verblüffte vor Gericht: Er hat acht Semester Jura studiert, war Manager bei großen internationalen Konzernen, Unternehmensberater sowie Immobilienmakler und verdiente eine Menge Geld. Er besitzt ein Grundstück am Ammersee und verfügt angeblich über erhebliches Vermögen auf Schweizer Bankkonten.

Richterin Folk hatte wohlweislich ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. In ihrer Diagnose attestierte Psychiaterin Susanne Lausch dem Angeklagten, der sich für kerngesund hält, eine "schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung". Aus einer Mischung aus Selbstüberschätzung, Mangel an Einfühlungsvermögen und Überempfindlichkeit gegenüber Kritik glaube er sich unverbrüchlich im Recht. Was seine Missachtung des Hausverbots angeht, sei er deshalb erheblich vermindert schuldfähig.

Vor dem Amtsgericht Erding ging es allerdings nicht nur um die Vielzahl der Verstöße gegen das Hausverbot. Der Angeklagte war in den vergangenen Monaten zunehmend durch Aggressivität aufgefallen. Die ständigen Anzeigen am Flughafen, manchmal drei am Tag, nahm er keineswegs locker hin. Er reagierte immer öfter beleidigend, meist gegen Polizeibeamte. Ende Januar rastete er bei einem Streit eines anderen Obdachlosen mit einem S-Bahn-Kontrolleur aus und sprühte diesem Pfefferspray in die Augen.

© SZ vom 29.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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