Gescheiterte Koalition:Ewald Schurer plädiert für Verhandlungen mit der Union

Der Ebersberger SPD-Abgeordnete befürwortet einen weniger rigiden Kurs als viele Genossen. In einem Punkt ist er sich mit seinem CSU-Kollegen im Bundestag einig.

Von Barbara Mooser, Erding/Ebersberg

Reden könnte man zumindest mal mit den anderen: So sieht es der SPD-Bundestagsabgeordneter Ewald Schurer. Als Martin Schulz am Abend der Bundestagswahl erklärt hat, die SPD werde nicht mehr für eine große Koalition zur Verfügung stehen, fand Schurer das "völlig richtig", wie er sagt. Inzwischen aber beurteilt er die Lage anders: "Zumindest Gespräche sollte man jetzt führen", sagt Schurer - während Schulz am Montagmittag noch vor einer Rücksprache mit der Fraktion eine Koalition mit der Union erneut kategorisch ausgeschlossen hat.

Ewald Schurer, 2015

Als "Vollpleite" bezeichnet Ewald Schurer (SPD) das Ende der Jamaika-Sondierungsgespräche.

(Foto: Peter Bauersachs)

Am Tag nach dem spektakulären Scheitern der Jamaika-Sondierungsgespräche dominiert ansonsten Ratlosigkeit - und Enttäuschung. "Ich bedaure das außerordentlich, es wäre eine Chance gewesen", sagt die Vaterstettener Europaparlamentarierin und stellvertretende CSU-Parteivorsitzende Angelika Niebler mit rauer Stimme; gerade einmal zwei Stunden Schlaf hat sie als Mitglied des Verhandlungsteams in der Nacht zum Montag erwischt. Noch am späten Sonntagabend sei sie davon überzeugt gewesen, dass alles auf einem guten Weg sei, in so vielen Bereichen seien Fortschritte erzielt worden, erzählt Niebler: "Und dann steht der Lindner auf und geht."

Gescheiterte Koalition: Andreas Lenz (CSU) hat bereits ein Gutachten zum Thema Neuwahlen erstellen lassen.

Andreas Lenz (CSU) hat bereits ein Gutachten zum Thema Neuwahlen erstellen lassen.

(Foto: Renate Schmidt)

Mit diesem Ausgang hätten auch die beiden Erdinger Bundestagsabgeordneten nicht gerechnet, sie finden zum Verhalten des FDP-Vorsitzenden deutliche Worte. Eine "Vollpleite" sei das, verursacht von der "Ein-Mann-Show" Lindner, urteilt Schurer. Verantwortungsbewusst sei etwas anderes, stimmt sein CSU-Kollege Andreas Lenz zu. Lindner habe die schwierige Situation zur Selbstdarstellung genutzt.

Wie es nun weitergehen könnte, das ist sowohl den beiden Abgeordneten in Berlin als auch Niebler theoretisch klar; die Optionen stehen im Grundgesetz. Doch was ist der Weg, der jetzt der erstrebenswerteste wäre? Eine Minderheitsregierung - aber mit welchen Partnern? Neuwahlen? "Ich glaube, man muss das jetzt erst einmal ein bisschen setzen lassen", sagt Niebler. Entscheidend sei nun auch, wie der Bundespräsident mit der Lage umgehe - ob er etwa die Jamaika-Verhandlungspartner zu einem neuen Anlauf auffordere oder vielleicht doch noch die SPD zu Sondierungsgesprächen für eine große Koalition motivieren könne.

Kandidiert Schurer bei Neuwahlen? "Das ist für mich noch in weiter Ferne."

Der CSU-Abgeordnete Andreas Lenz glaubt an letztere Option eher nicht: Nichts lasse darauf schließen, dass die Sozialdemokraten "sich der Verantwortung stellen", sagt er. Mit einer Minderheitsregierung wiederum gebe es in Deutschland wenig Erfahrungen, besonders stabil sei eine solche überdies nicht. Was die letzte Option - Neuwahlen - betrifft, so hat Lenz zu diesem Thema schon im Oktober ein Gutachten vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags erstellen lassen und festgestellt, dass sich das zunächst einfacher anhört als es tatsächlich ist.

CSU Angelika Niebler

Angelika Niebler (CSU) saß mit am Verhandlungstisch und hätte mit diesem Ausgang nicht gerechnet.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Denn damit, dass neue Wahlzettel gedruckt werden mit den selben Kandidaten wie im September, ist es nicht getan. Man müsste wohl das ganze Procedere, wie es die Satzung für die Kandidaten- und Listenaufstellungen vorschreibe, nochmals durchlaufen, erläutert Lenz. Ohnehin sei ja die Frage, ob das Ergebnis dann grundlegend anders wäre: "Und man kann ja nicht so lang wählen lassen, bis es einem passt."

Und zumindest in Bayern, wo ja nächstes Jahr ohnehin schon wieder eine wichtige Wahl ansteht, sei der Wunsch nach einer Wiederholung der Bundestagswahl extrem gering, sagt Schurer. Personelle wie finanzielle Ressourcen seien schließlich begrenzt. "Mir wäre es lieber gewesen, wenn ich als Mitglied des Haushaltsausschusses im Dezember endlich wieder arbeiten hätte können." Ob er selbst sich nochmals in einen Wahlkampf stürzten würde, obwohl er doch dachte, dass das in seinem Politikerleben inzwischen abgehakt sei, entscheide er dann, wenn sich diese Frage konkret stelle, sagt Schurer: "Das ist für mich noch in weiter Ferne."

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