Prozess in Landshut:Frau soll Tochter einem Kinderschänder angeboten haben

  • Eine Mutter aus dem Landkreis Ebersberg soll die eigene Tochter einem Kinderschänder überlassen haben.
  • Im Falle eines Geständnisses sagt das Gericht der Frau eine milde Strafe zu - weil damit auch der mitangeklagte Mann überführt wäre.

Von Florian Tempel, Landshut

Im Prozess gegen eine Frau aus dem Landkreis Ebersberg, die ihre eigene Tochter einem Mann aus dem Landkreis Erding für schweren sexuellen Missbrauch zur Verfügung gestellt haben soll, haben beide Angeklagten Geständnisse angekündigt. Die 43-jährige Frau bekam von der Jugendschutzkammer des Landgerichts Landshut im Gegenzug eine milde Strafe zugesagt.

Auch wenn sie in den Jahren 2006 und 2007 sieben Mal ihr damals sechs und sieben Jahre altes Kind betäubt habe, damit sich ihr Bekannter ungestört an dem Mädchen vergehen konnte, soll sie nicht ins Gefängnis, sondern eine Bewährungsstrafe erhalten.

Da durch ihr Geständnis für den 46 Jahre alten Angeklagten ein Leugnen der schweren Vorwürfevöllig aussichtslos ist, will auch er jetzt alles gestehen. Inklusive einer früheren Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer 13-Jährigen soll er eine Freiheitsstrafe zwischen sechseinhalb und sieben Jahre erhalten. Die Geständnisse sollen erst bei der Fortsetzung der Verhandlung in zweieinhalb Wochen abgelegt werden.

Die Anklage gegen die beiden ist erschütternd: Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut haben sich die zwei im Jahr 2005 im Internet kennengelernt. In Chats und bei persönlichen Treffen habe der Mann - er ist verheiratet und Vater von drei Kindern - der allein erziehenden Frau seine sexuellen Fantasien geschildert: Er wünschte sich Kindesmissbrauch in verschiedenen Formen.

Die Frau, "die eine dauerhafte Beziehung anstrebte", habe sich "diesen Fantasien gegenüber aufgeschlossen" gezeigt, heißt es in der Anklage. Sie habe dann eingewilligt, ihm ihre eigene Tochter "zur Verwirklichung seiner sexuellen Fantasien zur Verfügung" zu stellen. Von Mai 2006 bis Mai 2007 sei es schließlich zu sieben Missbrauchs-Fällen gekommen, bei denen der Angeklagte die Intensität des Missbrauchs immer weiter steigerte.

Die Mutter des Mädchen habe ihrem Kind "nicht näher bekannte Schlaf- oder Betäubungsmittel" gegeben, so dass es "von den Handlungen der Angeklagten nichts mehr mitbekam". Die Frau sei bei den Taten, die alle nachts in ihrer Wohnung stattfanden, stets anwesend gewesen und habe den Mann unterstützt. Zum Teil seien die Verbrechen vom Angeklagten auch gefilmt worden. In einer weiteren Anklage wird dem Mann ein sexueller Missbrauch an seiner siebenjährigen Nichte im Jahr 2012 oder 2013 vorgeworfen, den er ebenfalls gefilmt haben soll.

Bislang hatten die Angeklagten alles abgestritten. Als der Prozess vor zwei Monaten schon einmal begann, machte der Vorsitzende Richter Oliver Dopheide bekannt, wie sich die Angeklagten verteidigen wollten: Den Kindesmissbrauch habe es nie gegeben, er sei keine Realität, sondern nur Fiktion.

Die Chat-Inhalte sollen keinen Bezug zur Wirklichkeit haben

Denn Grundlage für die Anklage sind gespeicherte Internet-Chats zwischen dem Mann und der Frau, die auf ihren Computern entdeckt worden waren. Zur ihrer Verteidigung wollten die Angeklagten angeben, sie hätten in ihren Internet-Unterhaltungen lediglich sexuelle Fantasien ausgelebt, die Inhalte ihrer Chats hätten aber keinen Bezug zu einem wirklichen und tatsächlichen Geschehen.

Dass nun doch Geständnisse angekündigt sind, ist das Ergebnis einer sogenannten "Verständigung". Die Staatsanwältin schlug vor, bei der Mutter könnten die angeklagten Taten auch als "minder schwere Fälle" bewertet werden. Damit wäre - allerdings nur bei einem Geständnis - eine Verurteilung zu eine Bewährungsstrafe möglich. Das Gericht stimmte dem zu.

Der Vorsitzende Richter räumte ein, dass es für so viel Milde vor allem einen guten Grund gebe: "Die Beweissituation, die sich als reiner Indizienbeweis darstellt." Das heißt: Ein Geständnis ist in diesem nur schwer beweisbaren Fall ganz besonders viel Wert. Das hat es vor allem auch, weil mit einem glaubwürdigen Geständnis der Frau auch der angeklagte Mann überführt wäre. Sobald sie alles gesteht, hat für ihn Leugnen keinen Zweck mehr.

Für ihn kam kein "minder schwerer Fall" in Betracht. Die Staatsanwältin machte vielmehr deutlich, dass sie etwa zehn Jahre Gefängnis für ihn beantragen würde. Das ist eine lange Zeit. Um wenigstens mit einer kürzeren Haftstrafe wegzukommen, macht deshalb auch für den angeklagten Mann ein Geständnis Sinn. Denn wer seine Taten gesteht, bekommt üblicherweise ein Drittel weniger Strafe.

Nachdem die beiden Angeklagten sich mit der "Verständigung" einverstanden erklärten, wurden gleich mal Zeugen und Gutachter abgeladen, die nicht mehr benötigt werden. Am 19. September werden außer dem Angeklagten nur noch zwei Ermittlerinnen über den Fall berichten.

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