Präzedenzfall:Umgang mit Enkeln darf verweigert werden

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Bundesgerichtshof bestätigt Urteil des Erdinger Amtsgerichts, dass Eltern Rechte der Großeltern einschränken dürfen

Ein außergewöhnlicher Familienrechtsfall aus Erding ist durch die Instanzen bis zum Bundesgerichtshof (BGH) gelangt. Der BGH betätigte dabei ein Urteil das Amtsgerichts Erding und entschied höchstrichterlich, dass Eltern den Großeltern den Umgang mit den Enkeln verweigern dürfen, wenn ihr eigenes Verhältnis schwer zerrüttet ist. Das Amtsgericht hat den interessanten Fall als "Entscheidung des Monats" veröffentlicht.

Die Großeltern hatten während der ersten Lebensjahre ihrer Enkelkinder einen intensiven und guten Kontakt zu diesen, der jedoch in den Jahren 2009 bis 2011 vollständig abbrach. Hintergrund war bereits damals ein zwischen ihnen und ihrer Tochter und deren Ehemann eingetretenes gravierendes Zerwürfnis. Nachdem sich die Beziehung zwischen ihnen wieder gebessert hatte, fanden seit Juni 2011 wieder häufige Kontakte zwischen den Großeltern und den Enkelkindern statt. Die Kinder verbrachten Nachmittage, Wochenenden und manchmal die Ferien mit den Großeltern. In dieser Phase bauten beide Kinder eine intensive Beziehung zu den Großeltern auf. Zwischen diesen und den Eltern kam es jedoch abermals zu gravierenden Meinungsverschiedenheiten, die unter anderem Erziehungsfragen aber auch finanzielle Angelegenheiten betrafen. Eine Lösung dieser Differenzen suchten sie schließlich in einer von ihnen schriftlich niedergelegten Vereinbarung, in der Umgangsrechte der Großeltern mit ihren Enkeln und finanzielle Zuwendungen der Großeltern an die Eltern in Abhängigkeit voneinander geregelt wurden.

Letztendlich erreichte das Verhältnis zwischen den Eltern und den Großeltern jedoch erneut einen Nullpunkt als die Großeltern dem Jugendamt angebliche "Vorfälle von seelischer Misshandlung" der Kinder durch die Eltern mitteilten. Die Antragsgegner unterbanden daraufhin jeden Umgang der Enkelkinder mit den Großeltern.

Das Amtsgericht Erding stellte, nachdem sich die behaupteten seelischen Misshandlungen nicht als zutreffend erwiesen hatten, nach einer Anhörung der Kinder und nach der Einholung eines psychologischen Gutachtens fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Umgangsrecht der Großeltern mit ihren Enkelkindern nicht gegeben waren und wies den Antrag zurück.

Ein Recht auf einen Umgang mit ihren Enkelkindern hätten Großeltern nur - so das Gericht - wenn der Umgang dem Wohl der Kinder diene. Dies sei wegen der erheblichen seelischen Belastung der Kinder durch den Streit zwischen den Eltern und den Großeltern nicht der Fall. Zwar hätten die Kinder - auch wenn sie nach außen hin den Kontakt mittlerweile klar ablehnen würden - ein inneres Bedürfnis nach einer guten Beziehung mit ihren Großeltern. Andererseits sei aber auch das Verhältnis zu ihren Eltern liebevoll. Aufgrund dieses Zwiespalts befänden sie sich in einem extremen Loyalitätskonflikt und betrachteten sich selbst als eine Ursache des zwischen ihren Eltern und ihren Großeltern herrschenden Streits. Aus der Sicht der Kinder bestehe die Befürchtung, die Eltern zu verlieren, wenn sie sich gegen deren Willen einen Kontakt mit den Großeltern hätten.

Die Großeltern, die sich mit der Entscheidung des Amtsgerichts nicht abfinden wollten, legten dagegen Beschwerde zum Oberlandesgericht München ein, welches die Sach- und Rechtslage jedoch genauso bewertete wie das Amtsgericht und die Beschwerde zurückwies. Auch mit ihrer dagegen eingelegten Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof scheiterten die Großeltern schließlich. Selbst wenn man zwischen den Enkelkindern und den Großeltern eine tragfähige Beziehung unterstellen würde - so der BGH - könne man deshalb nicht ohne weiteres vermuten, dass ein Umgang dem Kindeswohl diene. Dies wäre nur der Fall, wenn der Umgang für die weitere Entwicklung der Kinder förderlich wäre. Angesichts der erheblichen Zerwürfnisse zwischen den Eltern und den Großeltern, welche nicht bereit seien, den Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren, könne dies aber gerade nicht angenommen werden. (AG Erding, Az. 2 F 724/14, BGH, Az. XII ZB 350/16)

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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