Politischer Aschermittwoch:Tradition um der Tradition willen

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Veranstaltungen zum Politischen Aschermittwoch machen auf der lokalen Ebene kaum Sinn.

Von Gerhard Wilhelm

Wer hat's erfunden? Die Bayern. Die Wurzeln des Politischen Aschermittwochs liegen weit zurück: 1580 trafen sich Bauern in Vilshofen zum Vieh- und Rossmarkt und diskutierten neben den Tierpreisen auch heftig über aktuelle Themen, seit dem 19. Jahrhundert auch über die königlich-bayerische Politik. So richtig bekannt wurde er erst mit dem CSU-Politiker Franz Josef Strauß. Er beherrschte es - man kann halten von ihm was man will - meisterhaft in Bierzelt-Atmosphäre mit oft deftiger Wortwahl und viel Polemik den politischen Gegner zu attackieren. Die Präsentation politischer Konzepte oder Sachkritik passte nicht in die oft aufgeheizte Stimmung. Strauß gab den Zuhörern, was sie hören wollten: Eindreschen auf den politischen Gegner, der generell von links kam.

In Zeiten von Trump und einigen europäischen Rechtspopulisten, alternativen Fakten und Fake News würde also Strauß wunderbar rein passen. Aber Strauß sprach als bayerischer Ministerpräsident, als Bundespolitiker. Weit weg vom Geschehen auf lokaler Ebene. Der Gemeinderat ist auch kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne, sondern ein Organ der Verwaltung. Deshalb sollte Parteipolitik auf Gemeinde- oder Landkreisebene keine große Rolle spielen. Eindreschen auf andere, mit denen man regelmäßig an einem Tisch sitzt, um Projekte zu besprechen, die den Bürgern vor Ort zugute kommen sollen, schafft nur schlechte Stimmung bis zur Feindseligkeit. Konstruktive Zusammenarbeit ist hier gefragt.

Zudem muss man schon ein wortgewandter Redner sein, der weiß, dass der Grat zwischen lustig auf die Schippe nehmen und Beleidigung schon sehr schmal ist. Politische Aschermittwoche mögen eine lange Tradition haben, aber sie haben heute unterhalb von der Landesebene keinen Sinn mehr in ihrer ursprünglichen Bedeutung. Die Präsentation von Meinungen zu Sachthemen und dazu essen die Zuhörer Fisch, passt im katholischen Bayern auch an einen Freitag oder jeden anderen Tag. Der nächste Wahlkampf kommt bestimmt.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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