Poetry Slam:Die Kunst des Wortgefechts

Poetry Slam: Basti Schoof inszenierte sich als gnadenloser Zyniker und ließ die Zuhörer für ihn tanzen.

Basti Schoof inszenierte sich als gnadenloser Zyniker und ließ die Zuhörer für ihn tanzen.

(Foto: Renate Schmidt)

Im Sonic wetteifern neun Poeten mit eigenen Texten um die Gunst des Publikums. Ein Berliner gewinnt.

Von Tanja Kunesch, Erding

Mit Worten gestritten hat jeder schon einmal im Leben. Doch sich mit Worten in einem Dichterwettstreit, auch Poetry Slam genannt, zu behaupten, ist etwas völlig anderes. 1986 in Chicago entstanden, konnte sich der Poetry Slam seither als Veranstaltungsform weltweit etablieren und ist auch seit einigen Jahren schon in Erding vertreten. Organisiert vom Verein Reimrausch konnten vergangenen Freitag neun Wortakrobaten im Sonic ihr Können unter Beweis stellen. Begeistert fieberte das Publikum mit den verschiedenen Poeten mit und wurde mit einem "wunderschönen Potpourri" an furiosem Wortgefecht belohnt, wie Moderator Michael "Mic" Mehler den Abend angekündigt hatte. Für den Poeten Baasztian aus Berlin hat sich die lange Anfahrt gelohnt: Er wurde in der Finalrunde vom Publikum zum Sieger gekürt.

Vor fünf Jahren haben Mic und Christoph Hebenstreit von Reimrausch ihren ersten Poetry Slam in Ebersberg veranstaltet. In Erding laden sie bereits seit 2012 ins Sonic zu dem Dichterwettstreit ein. Insgesamt traten am Freitag neun Poeten auf, teilweise sind sie dafür eigens aus Wasserburg, München, Regensburg, Berlin und Ismaning angereist.

Poetry Slam: Für Baasztian hat sich die Anfahrt aus Berlin gelohnt: Mit ausladender Geste berichtet er über die Schnelligkeit des Studentenlebens.

Für Baasztian hat sich die Anfahrt aus Berlin gelohnt: Mit ausladender Geste berichtet er über die Schnelligkeit des Studentenlebens.

(Foto: Renate Schmidt)

So frei die verschiedenen Textformen und Vortragsweisen der Dichtkunst sein können, gilt es doch, einige Regeln einzuhalten: Jeder Poet hat genau sechs Minuten zur Verfügung, die richtigen Worte zu finden. Die Texte müssen selbst geschrieben sein und es dürfen keine Hilfsmittel benutzt werden, also weder Musik, Gesang noch Tanzeinlagen. Ansonsten sind der Phantasie der Poeten keine Grenzen gesetzt, alle literarischen Formen und Genres sind erlaubt. Sechs zufällig gewählte Juroren aus dem Publikum halten ihre Bewertung nach jedem Auftritt für alle sichtbar in die Höhe. Entscheidend ist der Gesamteindruck des Kandidaten, also sowohl der Text als auch die zugehörige Performance.

Unter Johlen und begeistertem Klatschen konnte Baasztian in der Finalrunde den Poetry Slam für sich entscheiden. In seinem ersten Text gab er in Schlagworten seinen Tagesablauf wieder. In temporeicher Sprache mit genau platzierten Pausen raste das Publikum mit ihm von seinem Studentenalltag bis hin zu einer Stelle als Juniorpartner. Abrupt kam er mit einem "bäm, dreißig!" zum Ende. Im Finale erzählte Baasztian in seinem "Protokoll WG-Casting" auf komische Weise vom Casting-Wahn unter Studenten, der schließlich zur Einführung eines "Naked-Tuesday" geführt hat. Eine ausdrucksstarke Mimik untermalte seine Worte, und dank seiner Bühnenpräsenz konnte er das Publikum im Handumdrehen für sich gewinnen.

Auch Basti Schoof aus München flogen die Sympathien nur so zu. Sich selbst als zynischen Psychopathen bezeichnend, verstrickte er die Zuhörer in einer geistreichen Verschwörung, um sie anschließend dazu zu bringen, mit ihm das Wort "Porsche" in Eurythmie zu tanzen. Aber vor allem wünschte er sich ein bisschen mehr "Äfflichkeit" in der Welt, damit die mehr Menschlichkeit aufweise, sagte er. Seine gesellschaftskritischen Wortspiele wurden vom Publikum mit dem zweiten Platz belohnt. Eine verkehrte Welt erschuf Pascal Simon in der Finalrunde. So ließ er ein Smartphone ein Menschenfachgeschäft betreten. Auf anschauliche Weise stellte er sich die Frage: "Android oder Humanoid?" Das Publikum ließ sich begeistert von dem Regensburger Wortverdreher in den Bann ziehen, er erhielt den dritten Platz. Auch mit von der Partie war Zita Lopram. Er wird Anfang Mai für Reimrausch beim Bayernslam 2015 antreten.

Der nächste Poetry Slam in Erding ist für Freitag, 9. Oktober geplant. "Bisher sind wir schon zufrieden. In Erding könnte der Poetry Slam allerdings noch präsenter werden. Mein größter Traum ist es, einen Slam vor 500 Leuten durchzuführen", sagte Mic. "Aber hauptsächlich geht es uns bei der Veranstaltung darum, den Leuten Spaß zu bereiten."

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