Parteijugend in Erding:Ist da noch wer?

"Einfach uninteressant": Bei der SPD, bei den Grünen und bei der ÖDP im Landkreis gibt es de facto keine Jugendorganisation mehr. Nur eine Partei in Erding kann sich nicht über mangelnden Nachwuchs beschweren

Von Ines Alwardt

"Jusos Erding - Neustart jetzt! Sei dabei!" Mit diesem Slogan werben die Erdinger Jusos auf ihrer Homepage für einen Neuanfang, nur ein winziges Detail irritiert an diesem Eintrag, das Datum: 16. Januar 2010. Die euphorische Ankündigung ist über drei Jahre alt - und doch zeigt sie besser als jede Statistik, worunter nicht nur die SPD im Landkreis leidet: Sozialdemokraten, Grünen und ÖDP mangelt es an politischem Nachwuchs. Keine der drei Parteien hat noch eine aktive Jugendorganisation.

"Die Parteijugend der SPD gibt es schon lange nicht mehr", sagt Christian Zimmermann, stellvertretender SPD-Ortsvorstand in Erding. Bereits seit 2009 engagiere sich niemand mehr aktiv bei den Erdinger Jusos. Zwar habe die Gruppe "formell" noch 35 Mitglieder, laut Zimmermann existiert diese Zahl aber nur auf dem Papier, und resultiert einzig aus der Organisationsstruktur der Partei: Denn wer den Sozialdemokraten beitritt und unter 35 Jahre alt ist, wird automatisch Mitglied bei den Jusos - ob er will oder nicht.

"Rapide verschlechtert"

Besonders in den vergangenen fünf Jahren hätte die Zahl der Mitglieder abgenommen, sich die Situation "rapide verschlechtert", sagt Zimmermann. Zuletzt habe sich Katja Schreiber als Vorsitzende gekümmert, aber nach dem desaströsen Wahlergebnis bei der Kommunalwahl ist auch sie 2009 aus der Partei ausgetreten. Danach kam lange vor allem: nichts.

Erst als im vergangenen Jahr Daniel Schneider zum neuen Vorstand gewählt wurde, schien es, als könnten die Jusos neu anfangen. Der damals 22-Jährige hatte ein großes Ziel: Mit viel Öffentlichkeitsarbeit wollte er den Mitgliederschwund bei den Sozialdemokraten bekämpfen. Aber stattdessen verschwand Schneider selbst. "Er hat geheiratet und sein Amt ruht schon seit längerem", sagt Zimmermann.

Aus seiner Sicht ist der Grund für das mangelnde Interesse der Jugendlichen vor allem die Struktur innerhalb der Partei selbst - und das Bild, das sie nach außen hin vermittelt. "Wir haben ein entsprechendes Image in Bayern: die Verlierer", sagt er. Auch die immer schlechter werdenden Wahlergebnisse der SPD spüre man deutlich, "wir werden dadurch als Partei einfach uninteressanter." Zudem gebe es bei den Sozialdemokraten eine mangelnde Bereitschaft, junge Leute zu integrieren. "Wenn es drauf ankommt, werden die interessanten Plätze nicht mit neuen Leuten besetzt." Aus Angst, um die eigenen Plätze, vermutet Zimmermann, aber auch weil es der Partei an Risikobereitschaft mangele, noch unerfahrene Mitglieder aufzustellen.

Aber die Sozialdemokraten sind nicht die einzige Partei, die längst keine aktive Jugendorganisation mehr hat. Auf der Homepage der Grünen Jugend Erding stammen die aktuellsten Beiträge von 2009. "Wir hatten mal eine sehr aktive Grüne Jugend", erinnert sich Landtagskandidatin Grünen Helga Stieglmeier. Dass sich nun niemand mehr aktiv engagiert, begründet sie mit dem Klientel der Partei: "Es ist unser Schicksal, dass unsere Aktiven nach dem Abi alle nicht in Erding bleiben."

Wahlkampf will begeistern

Dies sei auch der wesentliche Unterschied zur Jungen Union (JU), der Jugendorganisation der CSU, deren Ortsverband in Erding derzeit etwa 60 Mitglieder zählt. "Die haben erstens mehr Mitglieder und die meisten von ihnen kommen aus alteingesessenen Familien, das ist ein ganz anderes Klientel als bei uns", sagt Stieglmeier. Ihre Hoffnungen setzt sie nun auf Christoph Sticha, der 18-jährige sitzt im Vorstand der Partei. "Wir hoffen, dass er auch nach seinem Schulabschluss in Erding bleibt, und die Grüne Jugend wieder zum Leben erweckt", sagt Stieglmeier.

Den anstehenden Wahlkampf will Stephan Treffler nutzen, um wieder Jugendliche für die Jungen Ökologen (JÖ) zu begeistern - denn auch sie gibt es seit drei Jahren nicht mehr. Treffler, Vorsitzender des Kreisvorstandes der ÖDP, sagt, viele Aktive seien zum Studieren nach München gezogen und hätten Familien gegründet. Dass die Junge Union kaum Probleme mit dem Nachwuchs hat, erklärt er sich so: "Macht ist einfach sexy." Und wenn da, wie vor kurzem bei der JU geschehen, ein Minister zum 50. Jubiläum des Ortsverbandes komme, "dann finden die Jugendlichen das toll."

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