Kirchenasyl:Nigerianer lebt im Ottenhofener Pfarrhaus

Er hätte nach Italien ausreisen sollen, doch dort leben Asylbewerber auf der Straße. Der Helferkreis will ein Zeichen setzen.

Von Judith Issig, Ottenhofen

Der Mann aus Nigeria hätte am Dienstagmorgen seinen Abschiebetermin gehabt. Aufgrund der Dublin-II-Verordnung hätte er nach Italien reisen sollen, wo er zum ersten Mal europäischen Boden betreten hatte. Doch seit Montagabend lebt der junge Nigerianer im katholischen Pfarrhaus der Kirche St. Katharina in Ottenhofen, das bisher leer stand. Er hat Antrag auf Kirchenasyl gestellt. So kann der Asylbewerber sich einer Abschiebung vorerst entziehen.

Behörden sehen das nicht gerne

Die Kirche kann Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus in ihren Räumlichkeiten aufnehmen. Das Kirchenasyl wird von den staatlichen Behörden nicht gerne gesehen, aber in aller Regel respektiert. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2014 hat der bayerische Innenminister Joachim Hermann erklärt, dass gegen den Willen des jeweiligen Pfarrers die Polizei die Schutzsuchenden nicht gewaltsam abführe. Über das Kirchenasyl des Mannes in Ottenhofen hat Pfarrer Michael Bayer vom Pfarrverband Moosinning entschieden. Er ist auch für St. Katharina zuständig. Pfarrer Bayer war von der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch nicht zu erreichen. Auch Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), der gegen den Asylbewerber Strafanzeige gestellt haben soll, war für eine Stellungnahme für die SZ nicht zu sprechen

Der Landrat sei jedoch vom Pfarrer informiert worden, dass der junge Mann sich im Pfarrhaus aufhalte, sagt Nicole Schley (SPD). Ottenhofens Bürgermeisterin ist grundsätzlich einverstanden, dass dem Mann in St. Katharina Asyl gewährt wird. "Hätte man mich vorher gefragt, ich hätte es befürwortet", sagt sie. Der Mann aus Nigeria, so erzählt es Schley, sei selbst zwar Protestant, sei bisher aber regelmäßig in die Kirche gekommen und habe sich engagiert, zum Beispiel beim Christbaumschmücken im Dezember.

In Italien leben Asylbewerber auf der Straße

Bei seinem Antrag auf Kirchenasyl sei der Mann von zwei Mitgliedern des Helferkreises unterstützt worden. Die Bürger hebelten damit zwar die Regeln des Staates aus, sagt Schley. Doch: "Das ist ihr gutes Recht. Sie wollen ein Zeichen setzen gegen das Dubliner Abkommen." In Italien, wohin der junge Nigerianer abgeschoben werden sollte, lebten Asylbewerber meistens auf der Straße.

Sorge bereitet der Bürgermeisterin jedoch die mögliche Ungleichbehandlung der Asylbewerber: Zwölf Flüchtlinge aus Nigeria sind zur Zeit in Ottenhofen untergebracht. Der Termin für eine weitere Abschiebung im März steht schon fest. Dabei handle es sich um den beliebtesten Flüchtling in der Unterkunft. "Ich denke, dass der Helferkreis auch für die anderen Asylbewerber Vorkehrungen treffen will", sagt Nicole Schley.

Eine warme Mahlzeit am Tag

Doch die Kirche kann dem Asylbewerber nur die Unterkunft stellen. Die Bürgermeisterin versucht deswegen nun, dem Mann eine warme Mahlzeit am Tag zu organisieren: "In meiner Gemeinde werden wir niemanden verhungern lassen", sagt sie. Vorerst bringt ein Helfer die Reste vom Mittagessen der Mittagsbetreuung der Grundschule ins Pfarrhaus, die andernfalls ohnehin entsorgt werden müssten. Das Kirchenasyl für den Mann aus Nigeria sei für ein halbes Jahr geplant, sagt Bürgermeisterin Schley. Nach dieser Zeit solle erneut geprüft werden, ob der Mann in Deutschland Asyl erhalten kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: