Oberding/Schwaig:Computer statt Kabel

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Rundgang durch das Werk: An diesem Donnerstag kommt Besuch aus ganz Deutschland. (Foto: Renate Schmidt)

Das interessierte Fachleute aus ganz Deutschland: Das E-Werk Schweiger zeigt, wie der dezentrale Netzausbau gelingt

Von Regina Bluhme, Oberding/Schwaig

Auf den Besuch der Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat man sich in der Gemeinde Oberding gefreut, doch die bundesweite Fachtagung über den kostendämpfenden Netzausbau durch dezentrale Intelligenz an diesem Donnerstag im Bürgerhaus Oberding muss ohne die Ministerin auskommen. Stattdessen spricht ihr Staatssekretär Franz Josef Pschierer darüber, wie kleine Netzbetreiber die Energiewende erfolgreich umsetzen können, und informiert sich auch gleich darüber, wie die Schweiger oHG das bewerkstelligt. Das Unternehmen verwendet ein Smart Grid, also ein intelligentes Leitsystem, das selbständig die Einspeisung in das Netz überwacht, steuert und ausgleicht und somit den Bau von immer größeren Leitungen unnötig macht.

Stichwort Energiewende. Franz Schweiger, der sich mit seinem Cousin Fritz Schweiger die Geschäftsleitung des E-Werks teilt, zeigt auf seinen Computer. Dort erscheint eine Karte der Ortschaft Niederding, "unser Hotspot", so Schweiger. Viele neongelbe Rechtecke sind zu sehen, "alles Photovoltaikanlagen". Gerade im ländlichen Raum gäbe es noch viele große landwirtschaftliche Gebäude, "und da gibt es sehr viele PV-Anlagen auf den Dächern." Franz Schweiger vergleicht das bisherige zentrale Stromversorgungsnetz mit dem Blutkreislauf. Ähnlich wie das Herz das Blut in alle Adern und Äderchen pumpe, versorgten die großen Netzbetreiber die Haushalte mit Strom. Jetzt speise aber nicht mehr nur ein zentrales Kraftwerk ein, dazu käme auch der Strom von kleinen, lokalen Anlagen. Um eine Überlastung abzuwenden, müssten die Adern, spricht die Kabelleitungen, vergrößert werden. Oder auch nicht. In dem mittelständischen Energiewerk von Franz Schweiger zum Beispiel sorgt intelligente Computertechnik in dem 650 Kilometer langen Netz für eine gleichmäßige Blutzirkulation, sprich Stromspannung. Der Bau größer dimensionierter Leitungen sei somit nicht immer nötig, betont er.

Die Schweiger oHG arbeitet schon seit längerem mit dem intelligenten Netzleitsystem "iNES", das an der Bergischen Universität Wuppertal mit der SAG GmbH entwickelt wurde. "Dieses System schützt vor Überlastungen, indem es mit Hilfe von Algorithmen selbständig die Einspeisung überwacht und auch steuert", erklärt Franz Schweiger. Bislang war das Smart Grid nur im Niederspannungsbereich einsetzbar, jetzt wird es auf Mittelspannung ausgeweitet. Dann steht in Schwaig das bundesweit erste E-Werk, das diese Erweiterung in der Praxis anwendet. 250 000 Euro hat das Unternehmen investiert. "Jetzt können wir das System auf unser Versorgungsgebiet weiter ausdehnen", berichtet Franz Schweiger. Insgesamt versorgt die E-Werk Schweiger oHG 3500 Haushalte in den Landkreisen Erding und Freising.

Das E-Werk Schweiger selbst gibt es schon seit mehr als hundert Jahren. Es betreibt heute fünf eigene Wasserkraftanlagen. "Dezentrale intelligente Stromnetze, das ist die Zukunft", sagt Franz Schweiger. Ganz ähnlich klingt der Titel der Fachtagung: "Vom Netz zum System - aktive Verteilnetze als Schlüssel der Energiewende". Dazu werden Netzbetreiber, Juristen, Vertreter der Energie- und Wasserwirtschaft, des Fraunhofer Instituts für Windenergie- und Energiesystemtechnik und der Bergischen Universität Wuppertal erwartet. Am Nachmittag dann soll offiziell der Startschuss für die neue intelligente Mittelspannungsanlage im E-Werk Schweiger erfolgen.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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