Nordumfahrung Erding:Auf Kollisionskurs mit dem Artenschutz

Eines steht fest: Egal welche Variante der Südtrasse gebaut wird, sie greift auf jeden Fall in den Lebensraum zahlreicher Tierarten ein. Doch inzwischen gibt es einen Favoriten.

Matthias Vogel

Großer Brachvogel, Wachtel, Kiebitz, Amphibien, Tagfalter und Fledermäuse; die Liste der Tiere, deren Lebensraum unter der geplanten Nordumgehung Erding leiden würde, ist lang. Deshalb hat das Staatliche Bauamt Freising eine Umweltverträglichkeitsstudie für die Süd-Trassen 2 und 3, auf die sich der Kreisausschuss 2010 festgelegt hatte, in Auftrag gegeben. Bei einer Informationsveranstaltung im Wirtshaus Prostmeier in Riedersheim wurden nun die Ergebnisse der Untersuchungen vom Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung (ifuplan) der Öffentlichkeit vorgestellt.

Nordumfahrung Erding: Der Bau der Nordumfahrung greift in den Lebensraum zahlreicher Tierarten ein. Eine Kompensationsfläche könnte zum Exil für Fledermäuse und Brachvögel werden.

Der Bau der Nordumfahrung greift in den Lebensraum zahlreicher Tierarten ein. Eine Kompensationsfläche könnte zum Exil für Fledermäuse und Brachvögel werden.

(Foto: Bauersachs)

Eine halbe Stunde lang referierte Landschaftsplaner Stefan Marzelli. Und jetzt ist klar, warum Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) die Kreistagssitzung, bei der über die Nordumfahrung abgestimmt werden sollte, zeitig abgesagt hat: Beide untersuchten Varianten würden den Artenschutz beeinträchtigen. "Und das könnte nicht gleich, aber in einem späteren Genehmigungsschritt eine Rolle spielen", sagte Bauamtschef Peter Weywadl. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand hätte der Kreistag also gar keine Entscheidung treffen können.

Das 1600 Hektar große Areal um Langengeisling wurde gründlich untersucht. Die Experten kartierten die Reviere der Tiere und Insekten sowie der Biotope, ermittelten adressengenau die Einwohnerzahl im Bereich der beiden Trassen. Auf dem Prüfstand standen die Auswirkungen auf die verschiedenen Schutzgüter Mensch, Boden, Wasser, Luft und Klima, Tiere und Pflanzen, Landschaft, Kultur- und Sachgüter. Unterschiede zwischen den beiden Varianten ergaben sich nur bei drei Schutzgütern, dabei schnitt die nördlicher gelegene Trasse Süd 2 besser ab. So wird weniger ertragreicher Boden beansprucht und ist weniger der hoch frequentierten Naherholungsgebiete betroffen. Der deutlichste Vorteil liegt aber darin, dass weniger Reviere gefährdeter, stark gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Vogelarten beeinträchtigt werden, etwa dem großen Brachvogel.

Stadtrat Martin Neumaier (UWE) pries in Riedersheim erneut die sogenannte Mitte-Trasse an. Weil sie im Gegensatz zu den Südvarianten auch um Eichenkofen und Altham herumführen würde, anstatt sie von Langengeisling abzuschneiden. Und weil sie von den Autofahrern entgegen der Meinung ihrer Kritiker, sicher angenommen werde. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bezweifelte das. Ohnehin läuft alles auf eine der Südtrassen hinaus. "Die Beeinträchtigung der Lebensräume kann durch Kompensationsflächen abgefedert werden", sagte Bauamtschef Peter Weywadl. Wo die liegen könnten, müsse nun eben untersucht werden. "Um Planungssicherheit zu schaffen." Gebe es keine zumutbare Alternative für den Baulastträger, also für den Landkreis, sei zudem der "Ausnahmetatbestand" erfüllt. Deshalb soll im nächsten Jahr die Kartierung für die Fläche, die von der Mitte-Trasse betroffen wäre, nachgeholt werden. Vermutlich wären die Lebensräume der gefährdeten Tierarten genauso beeinträchtigt wie von der Südvariante. "Sie führt durch das Habitat des Brachvogels", sagte Marzelli. Bestätigt sich das, steigen die Chancen der Südvariante 2, zumal sie die höchste Entlastung für den Verkehr in Erding brächte. Von der Mitte-Trasse wären auch 50 Grundstückseigentümer zusätzlich betroffen.

Gemäß der Studie würden in Bezug auf die Lärmentwicklung von beiden Südtrassen in etwa gleichem Umfang deutlich mehr Bürger entlastet, als es zu vereinzelten Neubelastungen kommt. Dennoch regte sich natürlich Widerstand. Die Langengeislinger zum Beispiel fürchten seit jeher, durch eine Südvariante im Verkehr zu ersticken und machten ihrem Unmut darüber lautstark Luft. Weywadl rief in Erinnerung, dass die Nordumfahrung nur im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse von Einzelnen gebaut werden könne.

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