Nicht-öffentliche Sitzung:Grafing schert aus

Stadtrat lehrt Kommunalisierung des Stromnetzes knapp ab

Von Thorsten Rienth, Grafing

Die Stadt Grafing will sich nicht an der geplanten Kommunalisierung der Stromnetze im Landkreis Ebersberg beteiligen. Dies ist das Ergebnis einer nicht-öffentlichen Stadtratssitzung am Donnerstagabend. Laut Mitteilung aus dem Grafinger Rathaus hatte eine knappe Mehrheit von acht zu sieben Stimmen das Vorhaben abgelehnt - die Stadt ist damit die erste Kommune im Kreis, die sich gegen die Netzübernahme ausspricht. Brisant an der Abstimmung ist, dass zehn von 24 Stadträten, und damit mehr als ein Drittel, der Sitzung fernblieben, zwei Stadträte sollen sogar unentschuldigt gefehlt haben.

Konkret stand zur Debatte, ob der Stadtrat Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) damit beauftragt, bei der nächsten Generalsversammlung der Regenerative Energie Ebersberg eG (REGE) für die Vorbereitung einer Bewerbung eines landkreiseigenen Unternehmens zu stimmen. Von 13 der 21 Landkreisgemeinden liegen positive Entscheidungen vor. In den verbleibenden Stadt- und Gemeinderäten steht die Abstimmung unmittelbar bevor. Die Frist bis zum 4. Juli ist nötig, weil die Neuausschreibungen für die Konzessionsverträge taufwendig sind.

Der Plan geht allerdings nur auf, wenn sich eine große Mehrheit der Landkreisgemeinden an ihm beteiligt. "Mindestens die großen und zentralen Gemeinden müssen klar dahinter stehen", hatte der Klimaschutzmanager des Landkreises Ebersberg, Hans Gröbmayr, stets als Grundvoraussetzung genannt. Dennoch stellte er gestern gegenüber der SZ klar: "Es ist definitiv nicht so, dass das Grafinger Votum das Gesamtprojekt gefährdet." Hintergrund sei, dass der innenstädtische Bereich des Grafinger Stromnetzes dem Energielieferanten Rothmoser gehört. Diese Leitungskilometer hätten für eine Kommunalisierung ohnehin nicht zur Debatte gestanden. "Und die äußeren Versorgungsgebiete der Stadt sind nicht allzu groß", ordnete Gröbmayr ein. Gelingt es dem Landkreis, das Projekt erfolgreich umzusetzen, wären eben diese Gebiete nicht mit von der Partie. "Das bedeutet aber natürlich auch, dass Grafing nicht am Gewinn beteiligt würde."

Bei Bürgermeisterin Obermayr stößt das Votum auf Kritik. "Ich bedauere das wirklich sehr", sagte sie. "Was ich vor allem nicht verstehe, ist diese rigorose Ablehnung." Es sei schließlich lediglich um den Beschluss für eine Ausarbeitung eines Zielmodells, der Auswahlkriterien und um eine Bewertung der Optionen gegangen. Stadträte bezifferten die Kosten auf 15 000 Euro. Das Jahresbudget der Stadt Grafing liegt bei etwas über 30 Millionen Euro. Die jeweiligen Anteile der Gemeinden setzen sich zusammen aus einer Pauschale von 25 Prozent der landkreisweiten Gesamtkosten sowie der Gewichtung des Einwohneranteils von 75 Prozent.

Da Debatte und Abstimmung nicht öffentlich stattfanden, bleiben die genauen Hintergründe wohl im Dunkeln. Zumindest ein vorsichtiger Fingerzeig kam aus dem tendenziell konservativeren Lager. Es sei einiger Stadträte nicht um eine generelle Ablehnung gegangen, war am Tag nach der Abstimmung zu hören. Knackpunkt sei vielmehr gewesen, dass es keine Möglichkeit gegeben habe, in dem Mandat der Bürgermeisterin auch die Bedenken gegen das Projekt zu artikulieren. Das der Rathauschefin näher stehende linke Stadtratslager hält etwas anderes für wahrscheinlicher: dass einige einfach nur einen Erfolg Obermayrs verhindern wollten.

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