Neue Abfahrt Dorfen:Shoppen an der Autobahn

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Direkt neben der Isentalautobahn - hier der Blick von der Bundesstraße B 15 nach Osten - soll nach und nach alles zu Gewerbegebieten werden. (Foto: Renate Schmidt)

Welche Art von Geschäften sollen sich an der neuen A 94 bei Dorfen ansiedeln? Die Interessen sind unterschiedlich, Experten sagen aber: Die Innenstadt darf nicht gefährdet werden

Von Florian Tempel, Dorfen

In einem sind sich in Dorfen alle einig: Direkt an der Isentalautobahn, die voraussichtlich schon in drei Jahren fertig sein wird, sollen neue Gewerbegebiete entstehen. Wie das später einmal aussehen wird, ist aber noch weitgehend unklar. Einen Bau- und Gartenmarkt soll es geben, ein Fastfood-Restaurant und eine Tankstelle - aber was sonst noch? Entscheidend für die weitere Entwicklung wird ein Einzelhandelsgutachten, auf dessen Basis der Stadtrat festsetzen kann, ob und welche Art von Geschäften in den Gewerbegebieten an der A 94 zugelassen werden. Denn eines will man zum Schutz der Dorfener Innenstadt vermeiden: Dass dort ein Einkaufsparadies à la Erding-West entsteht. Das ist aber gar nicht so einfach - und vielleicht auch gar nicht jedermanns Wunsch.

Grundsätzlich "darf man als Stadt erst mal nicht in die Ansiedlungsfreiheit der Gewerbetreibenden eingreifen", sagt Christian Hörmann, der schon bei der Ausarbeitung des Dorfener Stadtentwicklungskonzepts als Experte für Einzelhandel dabei war. Prinzipiell dürften in ein normales Gewerbegebiet also Geschäfte aller Art - solange sie nicht zu groß sind. Die Grenze liegt bei 800 Quadratmeter Verkaufsfläche. Mehr wäre "großflächiger Einzelhandel" und bedürfe dann einer Sondergenehmigung. In der Vergangenheit waren deshalb etwa die Filialen von Discounter-Ketten auf exakt 800 Quadratmeter Verkaufsfläche standardisiert. Seit einigen Jahren wollen zwar die meisten Discounter mehr Platz. Es gibt jedoch auch Ausnahmen wie das Unternehmen Norma, das sich bewusst auf das alte Maß beschränkt und sich so bei der Ansiedlung von neuen Filialen relativ leicht tut.

Als im Dorfener Bauausschuss Stadträtin Ursula Frank-Mayer (GAL) wissen wollte, ob denn nun ein Discounter im einem Gewerbegebiet an der A 94 hinkommen könne oder nicht, waren die Antworten von Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) und Baumamtsleiter Franz Wandinger ausweichend, weder Ja noch Nein. Die Frage würde sich, so war Grundner zu verstehen, erst nach der Erstellung eines Dorfener Einzelhandelsgutachten wirklich beantworten lassen. Die Expertise soll im Februar 2017 im Stadtrat diskutiert werden.

Experte Hörmann hat bereits eine klare "fachliche Meinung". Er und seine Kollegen, die am Dorfener Stadtentwicklungskonzept mitgearbeitet haben, seien sich einig: "Unsere Position ist, das an der Autobahn nur Geschäfte des sogenannten sonstigen Bedarfs hindürfen." Sonstiger Bedarf sind grob gesagt Waren, die man nicht so oft braucht und sich, wenn überhaupt, nur alle paar Jahre zulegt. Deshalb sind sie für eine lebendige Innenstadt nicht relevant und können auch weiter draußen am Stadtrand verkauft werden.

Es gibt zur Unterscheidung, was in die Innenstadt gehört und was sonstiger Bedarf ist, diverse Listen von anderen Kommunen und auch eine Empfehlung im Landesentwicklungsprogramm. Autos- und Autoteile, Baumarkt- und Gartenartikel, Möbel und Küchen, Badeinrichtungen und Installationsmaterial, Bodenbeläge und Boote sind allgemein als sonstiger Bedarf anerkannt. Bei Lampen, Fahrrädern, Tieren und Haustierbedarf gehen die Meinungen hingegen auseinander, alles andere gehört jedoch in die Stadtzentren. Nur für Lebensmittel gibt es noch die Zwischenkategorie "Nahversorgungsbedarf", die nicht unbedingt in die Innenstadt gehört. Die Geschäfte für die Nahversorgung sollten möglichst nah an Wohngebieten liegen und nicht nur mit dem Auto zu erreichen sein.

In Dorfen passt die Einzelhandelstheorie bislang tatsächlich sehr gut zur Realität. Man kann vor allem in der historischen Innenstadt und ihrer näheren Umgebung einkaufen sowie in einem Einkaufsgebiet, das zwischen Zentrum und Bahnhof liegt. Nur ein großer Supermarkt am Stadtrand, den es freilich schon seit Jahrzehnten gibt, fällt da ein bisschen aus dem Rahmen. Ob die Autobahn mit ihren dann so verkehrsgünstig gelegenen Gewerbegebieten etwas an dieser Struktur ändern wird?

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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