Nachwuchssorgen:Den Schwung verloren

Seit etwa fünf Jahren geht die Zahl der Kegler beständig zurück. Bei den Jüngeren ist der Sport aus der Mode gekommen, die meisten Aktiven sind jenseits der 50

Von Regina Bluhme, Landkreis

Einen Abend lang immer wieder eine Kugel mit Schwung auf die Bahn schieben, um neun Kegel umzulegen - das kostet Kraft und dazu braucht es Kondition und Konzentration. Doch der frühere Volkssport Kegeln hat seit einiger Zeit ein Imageproblem. Bei den Jüngeren ist er ziemlich aus der Mode gekommen. Erst kürzlich schlug der Deutsche Keglerbund Alarm, weil die Mitgliederzahlen stark rückläufig sind. Auch im Landkreis Erding tun sich die Vereine schwer mit dem Nachwuchs. Die meisten Mitglieder sind jenseits der 50.

Stefan Hertle, Vorstand vom Kegelclub Dorfen, kennt gestandene Skisportler, die konnten nach ihrem ersten Kegelabend "nicht mehr ins Auto einsteigen vor lauter Muskelkater". Kegelsport sei nicht zu unterschätzen, betont Hertle. Allerdings leide sein Verein wie so viele andere unter Nachwuchsmangel: "Unsere Mitglieder sind vorwiegend zwischen 40 und 60 Jahre alt."Jüngere zu rekrutieren sei extrem schwierig. Einmal in der Woche trainieren die 15 Mitglieder im Bergstüberl in Hochstraß, auf der Kegelbahn im Keller des Gasthauses. Sport im Keller, das könne vielleicht auch einige abschrecken, vermutet Hertle. Vielleicht sei auch generell ein Verein mit festen Trainingszeiten für junge Menschen nicht mehr so attraktiv: "Die wollen lieber flexibel sein."

Nachwuchssorgen: Maximilian Stangl, Chef der Moosinninger Kegler, weiß, worauf es ankommt: auf Körpergefühl, Kondition und mentale Stärke.

Maximilian Stangl, Chef der Moosinninger Kegler, weiß, worauf es ankommt: auf Körpergefühl, Kondition und mentale Stärke.

(Foto: Renate Schmidt)

"Es klingt hart, aber wenn unsere Altersstruktur so bleibt, dann sterben wir langsam aus", sagt Manfred Karl, Vorstand der Kegel-Abteilung des TSV Erding. Zwischen 60 und 80 Jahre sind die Mitglieder alt, berichtet er. Im Moment habe der Verein etwa 40 Mitglieder. Doch es gibt Hoffnung. In den vergangenen fünf Jahren seien immerhin drei Neue hinzugekommen im Alter von 25, 30 und 38 Jahren. Einer habe vom Fußball auf Kegel umgesattelt, weil seinem Lehrherrn das Kicken wegen der Verletzungsgefahr nicht geheuer war. Die beiden anderen Neuzugänge sind aus den neuen Bundesländern zugezogen, "dort ist der Kegelsport noch wesentlich verbreiteter als hier", weiß Karl.

Dass sich die meisten der Kegelbahnen in Kellerräumen von Gaststätten befinden, sei womöglich schon ein Manko, räumt Manfred Karl ein. Die Erdinger kegeln auf einer Asphaltbahn im Keller des Vereinsheims Am Schwimmbad. "Wir haben schon versucht, den Raum heller zu gestalten", berichtet Karl. Vor drei Jahren hatte die Kegelabteilung in den Erdinger Schulen Werbung für ihren Sport gemacht, Resonanz: "Nicht ein einziger Schüler ist zum Probetraining gekommen."

Schloss Aufhausen Kegelbahn

Kegeln ist auf alle Fälle älter als Fußball. Im Schloss Aufhausen ist noch eine historische Kegelbahn erhalten.

(Foto: Renate Schmidt)

In den achtziger Jahren gab es bundesweit fast 200 000 aktive Kegler, jetzt sind es noch 80 000, hat kürzlich der Deutsche Kegler- und Bowlingbund berichtet. Anton Fuchs, Vorsitzender des 1976 gegründeten Vereins Kegelkreisrunde Ebersberg-Erding, sagt, dass während der ersten 25 Verbandsjahre die Anzahl der Mitgliedervereine stets zugenommen habe "und damit auch die Anzahl der Mannschaften und Spielberechtigten". Anfang 2000 "und auch noch zu Beginn der 2010er Jahre" habe sich die Kreisrunde in einer "Hochphase" befunden, gleichzeitig sei aber schon eine Stagnation zu spüren gewesen. Ab der Saison 2012/14, also vor circa fünf Jahren, habe dann ein Rückgang eingesetzt, der bis heute anhalte. In Zahlen: Zwischen 1998 und 2015 gab es 28 Mitgliedervereine, heute sind es 25. In der Saison 2011/12 gab es 921 Kegler und Keglerinnen, heute sind es 716. Die Zahl der Mannschaften ist von 2011/12 von 128 auf 95 gesunken. Die Gründe dafür kann sich auch Fuchs nicht so recht erklären. Er tippt darauf, dass andere Sportarten attraktiver sind, wie zum Beispiel Fußball.

Maximilian Stangl, Vorstand der Kegelgemeinschaft Moosinning, ärgert sich manchmal ein wenig, dass die Kegler "bei manchen immer noch das Image haben, gemütlich im Wirthaushauskeller beim Bierchen zu sitzen". Er betont, dass ein Kegler ein gutes Körpergefühl, Kondition und mentale Stärke brauche. 64 Mitglieder mit einem Altersdurchschnitt von 40, 45 Jahren hat der Moosinninger Verein. Die Zahlen stagnierten, "das ist ja auch schon mal nicht schlecht", sagt Stangl. Mit Schnupperkegeln im örtlichen Ferienprogramm versucht sein Verein, Kinder für den Sport zu interessieren. Aber am besten laufe es immer noch über "Spezlwirtschaft", also über Freunde oder Familie: "Ich bin auch über meine Eltern zu dem Sport gekommen." Im Erdinger Gasthaus Wanderer Krone haben die Betreiber auch schon bemerkt, dass die Kegelbahn höchstens am Wochenende regelmäßig belegt ist. Und auch dann vor allem von älteren Semestern. Beliebt sei die Kegelbahn, wenn Kindergeburtstage gefeiert werden, und dann gebe es schon eine "Riesengaudi". Im Gasthaus Maier in Moosinning muss sich auch niemand in eine Warteliste für die vier Kegelbahnen eintragen "es ist nicht mehr wie früher, wahrscheinlich ist das Freizeitangebot zu groß", heißt es dort. Auf Kindergeburtstage wird verzichtet. Wegen der Verletzungsgefahr. Gequetschte Finger zum Beispiel hat es früher beim Kegeln schon mal gegeben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: