MVV-Buslinien:Dicke Luft bei Fahrplanwünschen

Der Strukturausschuss des Landkreises zeigt sich bei Taktverdichtungen des ÖPNV so großzügig, dass Landrat Martin Bayerstorfer das System infrage stellt: Künftig sollen sich Gemeinden an den Kosten beteiligen

Von Thomas Daller, Landkreis

Rund zweieinhalb Millionen Euro macht der ÖPNV jährlich im Landkreis Defizit, das vom Kreis übernommen wird. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) will aber künftig bei den Fahrplanwünschen auf die Bremse treten. Ihm schwebt ein Modell vor, bei dem die Gemeinden mitzahlen sollen, wenn sie eine Taktverdichtung für ihre Bürger wünschen.

"Es gibt keinen Landkreis in der Umgebung, der annähernd so viel Geld für den ÖPNV ausgibt", sagte Bayerstorfer am Montag in der Sitzung des Ausschusses für Struktur, Verkehr und Umwelt. Neben der flächenmäßigen Grundversorgung entscheidet dieser Ausschuss jedes Jahr, welche Fahrplanwünsche zusätzlich erfüllt werden. Die Wünsche richten die Bürger an ihre jeweiligen Gemeinden, die diese Ansinnen an den Landkreis weiterreichen. Wenn so ein zusätzliches Angebot einen tatsächlichen Bedarf deckt, wird es in die Grundversorgung integriert. Oftmals werden solche Angebote aber wieder gestrichen, wenn sich bei der Fahrgastzählung herausstellt, dass weniger als sechs Fahrgäste das Angebot nutzen. Und das kommt gar nicht so selten vor. Die Verwaltung des Landratsamtes ist daher tendenziell restriktiv, wenn es darum geht, solche "privaten Einzelwünsche" zu befürworten. Die letztlich politische Entscheidung trifft jedoch der Ausschuss, wobei je nach Wunsch schnell mal 15 000, 20 000 oder 30 000 Euro an Kosten anfallen können.

Die Mitglieder des Ausschusses waren am Montag offenbar in großzügiger Stimmung und bewilligten vier Anträge, bei denen die Verwaltung eine Ablehnung empfohlen hatte. Landrat Bayerstorfer war darüber nicht sehr erbaut, weil das Gremium damit etwa 60 000 Euro an Mehrkosten beschlossen hatte. Explizit ging er dabei auf den Antrag aus Bockhorn ein, wo man zwei zusätzliche Fahrten der Regionalbuslinie 561 am Vormittag gewünscht hatte; und zwar um 9.33 und um 10.33 Uhr. Die Verwaltung hatte in ihrem Vorlagebericht darauf hingewiesen, dass maximal acht Fahrgäste aus Bockhorn diese Verbindung nutzen würden. Mit diesen zwei zusätzlichen Fahrten splitte man diese Fahrgäste noch weiter auf, so die Prognose. "Das können wir schon machen", grollte Bayerstorfer. "Aber wenn sich bei der Fahrgastzählung herausstellt, dass die Fahrgastzahlen bei beiden Fahrten unter sechs gesunken sind, werden beide Angebote wieder eingestellt. Das ist halt das Risiko."

Bayerstorfer kündigte in diesem Kontext an, ein Konzept zu entwickeln, mit dem man ausloten könne, inwieweit die Gemeinden bereit seien, sich an diesen Mehrkosten finanziell zu beteiligen. "Ich weiß von anderen Landkreisen, die so ein Beteiligungsmodell haben, Bad Tölz beispielsweise." Dort gebe es beim ÖPNV ein Grundgerüst und darüber hinaus zahle die Gemeinde, wenn sie für ihre Bürger Einzelwünsche erfüllt haben wolle. Bayerstorfer nannte das bisherige System, bei dem Bürger ihre Wünsche über die Gemeinden an den Landkreis herantragen, einen "Luxus, wie es ihn in fast keinem anderen Landkreis gibt". Bei der Fortsetzung des Nahverkehrplans werde man sich mit den Gemeinden abstimmen, ob man das in dieser Form aufrecht erhalten könne. Auch Hans Wiesmaier (CSU) vertrat die Auffassung, man müsse wegkommen von Einzeldiskussion, bei denen es um "kleine Einheiten von vier, sechs oder acht Personen" gehe, die aber Kosteneinheiten von 15 000 bis 20 000 Euro auslösen würden. Er forderte eine Strukturdebatte, in der man mit den Bürgermeistern diskutiere, inwieweit sich die Gemeinden an den Kosten für solche Wünsche beteiligen.

Hans Schreiner (FW), Bürgermeister von Bockhorn, gab zu bedenken, dass damit die von Erding weiter entfernten Gemeinden stärker belastet würde, weil sich der ÖPNV auf Erding konzentriere. Auch Christoph Puschmann (CSU), stellvertretender Bürgermeister in Taufkirchen, plädierte dafür, nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten: "Wir dürfen nicht aus dem Auge verlieren, dass wir gewisse Zentren im Landkreis haben wie zum Beispiel Taufkirchen, das Mittelzentrum werden will." Es sei daher auch legitim, wenn die Gemeinde Taufkirchen den ÖPNV stärken wolle.

Das Gesamtpaket mit den beschlossenen Fahrplanwünschen wurde letztlich in der Abstimmung einstimmig beschlossen, obwohl es in den Einzelanträgen zu Kampfabstimmungen gegen die CSU kam.

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