Mitten in Wartenberg:Kochbuch mit Verkehrsrezepten

Ein Gemeinderat braucht eine Rezeptsammlung für die Tücken des örtlichen Verkehrs, wie die Hausfrau eines braucht, wenn sie zum ersten Mal eine mehrstöckige Torte kreieren will

Von Wolfgang Schmidt

In Wartenberg wohnen bekanntlich nur schlaue Leute und deswegen können auch im Marktgemeinderat logischerweise nur schlaue Menschen sitzen. So war es natürlich keine Frage, dass aus der Mitte des Gremiums heraus ein lokales Verkehrskonzept erwachsen würde. Das Geld für die neunmalklugen Theoretiker bar jeder Ortskenntnis könne man sich allemal sparen, so lautete die Erkenntnis, so erfolgte der Beschluss.

Es fand sich ein Duo, das für diese Aufgabe prädestinierter nicht sein könnte: Peter Schickinger, Seniorenbeauftragter und Zweiter Bürgermeister, im Rentenalter, erfahren, kommunikationsfreudig der eine. Markus Straßberger, Wartenbergs CSU-Chef, jung, dynamisch, eloquent der andere. Die beiden also machten sich im Auftrag der Kollegen daran, das Verkehrskonzept auszutüfteln. Die Bürger spielten mit und lieferten den beiden ein Rezept nach dem anderen, bis sie laut Schickinger vor einer "ungefilterten Zusammenstellung" saßen und jetzt nicht recht wissen, was sie damit anfangen sollen. Das heißt, eigentlich wüssten sie es schon, wenn sie nur ein "Kochbuch" hätten. Ohne dieses Utensil könnten all die guten Zutaten, die ihnen frei Haus geliefert wurden, zu einem unverdaulichen Brei werden. Ja, Straßberger zweifelte, ob ohne "Kochbuch" ihr Schaffen überhaupt einen Sinn hat.

Jetzt mag mancher fragen, was ein Kochbuch mit Verkehrsfragen zu tun hat. Nun, es ist natürlich nicht die Art Kochbuch, wie sie die Lafers und Lichters verticken, auch der Ingwerwahn eines Schuhbeck ist nicht gefragt und leider auch nicht die gute alte Küche der Oma. Nein, ein verzweifelter Straßberger braucht ein "Kochbuch" für die Tücken des Wartenberger Verkehrs, wie die Hausfrau eines braucht, wenn sie zum ersten Mal eine mehrstöckige Torte kreieren will.

Denn was sich allein am Zebrastreifen zum Pfarrkindergarten an der Strogenstraße abspielt, ist schwer verdauliche Kost. Wie reagiert der Verkehrskonzeptaustüftler darauf, dass ein Autofahrer den Zebrastreifen nicht sieht, wenn er abgelenkt wird. Wird er aber nicht abgelenkt, fährt er zu schnell. Und ist das, was er subjektiv als richtig empfindet auch objektiv zu genießen? Hilfreich wäre gewiss auch der Hinweis, das Gericht nicht zu heiß zu servieren. Sonst könnte man sich eventuell noch den Mund verbrennen.

Ohne das "Kochbuch" geht es doch nicht. Das haben die schlauen Menschen im Marktgemeinderat erkannt. Nur: woher nehmen? Gibt es so etwas vielleicht beim Gemeindetag oder bei der TU München? Bürgermeister Manfred Ranft schlug vor, den ADAC zu konsultieren. Wir unterstützen das ausdrücklich nicht. Dort wurde zwar jahrelang erfolgreich ein eigenes Süppchen gekocht. Auslöffeln müssen es jetzt aber die anderen.

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