Mitten in Wartenberg:Gute Kontakte

"Für was müssen wir Vertretern eine Firma ein Essen ausgeben, wenn sie den Auftrag eh schon haben und damit unser Geld?" Na hör mal!

Kolumne von Gerhard Wilhelm

Es gibt Tagesordnungspunkte, die sind kurz, wirken harmlos und bergen doch jede Menge Sprengstoff für einen Gemeinderat, wie jüngst in Wartenberg zu sehen war. Es handelte sich um den "Prüfbericht Jahresrechnung 2015". In den meisten Gemeinderäten wird vom Rechnungsprüfungsausschuss lediglich festgestellt, dass man keine Fehler gefunden habe. Deshalb könne man Verwaltung und Bürgermeister entlasten. In Wartenberg wurden jedoch ein paar Punkte kritisiert.

In der Regel gehen in Wartenberg einige Gemeinderäte auf die Palme, wenn sie den Verdacht haben, dass Bürgermeister oder Verwaltung etwas an ihnen vorbei entschieden haben. Jetzt wurde Kritik geübt, weil ein Gutachten über die Arbeit des Bauhofes in Auftrag gegeben worden war. Zum Glück hatte das Gutachten gezeigt, dass alles in Ordnung ist, also hielt sich die Aufregung in Grenzen. Erst als es um das Thema Spesen ging, kam mehr Leben in die Bude. Es seien 2015 "relativ viele" Spesen angefallen, hieß es. Was Peter Schickinger bestimmt in seiner Rolle als erster Vertreter von Bürgermeister Manfred Ranft zur Frage nötigte. "Was bitte ist relativ?"

Die Frage wurde nie beantwortet, dafür aber munter mit Begriffen wie Compliance, Absetzbarkeit oder Ermessensspielraum jongliert. Bürgermeister Ranft verteidigte die Spesen mit dem Wachstum der Gemeinde, was auch ein Mehr an Kontakten mit Firmen oder anderen Gemeinden ausgelöst habe. Michael Gruber verband die Spesenfrage mit der Nützlichkeit: "Für was müssen wir Vertretern eine Firma ein Essen ausgeben, wenn sie den Auftrag eh schon haben und damit unser Geld?" Im Umkehrschluss soll man wohl nur dann ein Essen springen lassen, wenn man sich ein Geschäft verspricht. Geld/Essen gleich Auftrag? Wie hieß das noch mal? Bestechung? Zumindest in milder Form. Compliance als Regelkonformität in alter Form vor diversen Schmiergeldaffären.

Klar könnte jeder seine Zeche selber zahlen, und um Missverständnisse zu vermeiden, ist es so am besten. Aber eine Essenseinladung folgt oft einfach gesellschaftlichen Regeln. Zumal wenn es sich um eine Einladung in eine örtliche Wirtschaft handelt. Letztlich blieb die Aufregung ein Sturm im Wasserglas. Es gab eine Gegenstimme gegen den Jahresbericht und keine gegen die Entlastung des Bürgermeisters. Vielleicht ist dem einen oder anderen eingefallen, dass die Bierzeichen zum Volksfest auch unter Spesen fallen.

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