Mitten in Taufkirchen:Urbane Amsel bei der Oma

Lesezeit: 1 min

Der Satz galt ursprünglich für Dorfen: Zu groß für ein Dorf, zu klein für eine Stadt

Von THOMAS DALLER

Über die Feiertage haben wir mit den Kindern wieder mal die Oma in Taufkirchen besucht. Taufkirchen ist ja enorm gewachsen in den vergangenen 20 Jahren. Das Baugebiet Kirchlerner Weg beispielsweise; dort haben wir als Buben noch Fußball gebolzt. Eine Mannschaft musste an dem Hang immer bergauf spielen, die andere bergab und zur Halbzeit wurde gewechselt.

Jetzt stehen mehr als 50 Häuser dort. Aktuell haben in Taufkirchen 9652 Menschen ihren Hauptwohnsitz, wenn man die 382 Nebenwohnsitze großzügig hinzurechnet, sind es mehr als 10 000 Einwohner. Daran hat uns nicht zuletzt ein Aquarell erinnert, das bei der Oma in der Küche hängt. Es zeigt "Armstorf beim Markt Dorfen", wie es der Maler unter dem Bild aus dem Jahr 1949 vermerkt hat. Markt Dorfen, nicht Stadt? Ja, denn Dorfen wurde erst 1954 zur Stadt erhoben, die Oma kann sich noch gut daran erinnern. Dorfen hatte damals gut 4000 Einwohner. Taufkirchen hat nun zweieinhalb mal so viel. In weiser Voraussicht hat sich die Gemeinde an der Vils schon mal die Internet-Adresse www.stadt-taufkirchen.de gesichert, obwohl natürlich die Einwohnerzahl allein nicht die ausschlaggebende Rolle spielt. Denn vorher müssten dann wohl etliche Gemeinden im unmittelbaren Einzugsgebiet von München zu Städten erhoben werden. Da gibt es nämlich manche mit 15 000 bis 20 000 Einwohnern. Aber zumindest gilt auch mittlerweile für Taufkirchen der Satz, der ursprünglich auf Dorfen gemünzt war: Zu groß für ein Dorf, zu klein für eine Stadt.

Die Pointe zu diesem Thema ist uns wieder bei der Oma begegnet und zwar in Form eines Vogels in ihrem Garten. Es handelte sich um eine Amsel, wie wir sie bislang noch nie zu Gesicht bekommen hatten. Das Tier hatte einen weißen Kehlfleck und vier rautenförmige weiße Flecken auf der Rückseite: jeweils zwei nebeneinander im Nacken und im oberen Schulterbereich. Die Internetsuche "weiß gefleckte Amsel" führte schnurstracks zur Seite des Landesbundes für Vogelschutz (LBV). Dort heißt es, es sei weder eine Krankheit oder Albinismus, sondern eine Laune der Natur, die als Leuzismus bezeichnet wird. Solche leuzistischen Amseln würden in der freien Natur schnell von Beutegreifern erspäht werden, deswegen, so der LBV, "findet man sie fast nur in Städten".

© SZ vom 05.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: