Mitten in Erding:Roboter in Nachbars Garten

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Unser Nachbar hat uns dieser Tage vorgeführt, wie die Zukunft aussieht: Er ließ einen Rasenmäherroboter durch sein Vorgärtchen fahren

Von Klaus Schieder

Das Rasenmähen ist eine dieser leidigen Angelegenheiten, die man gerne von morgen auf übermorgen verschiebt. Aber das geht schlecht in diesem Mai, der Regen auf Sonne auf Regen folgen und das Gras sprießen lässt, wie es kein Spezialdünger aus dem Baumarkt vermag. Also knattert der Gartenbesitzer wieder stundenlang auf seinem Fleckchen Grün herum und bringt die Nerven seiner Nachbarn zum Vibrieren. Früher hatte unser Nebenanwohner eine Außenanlage von den Dimensionen eines kleinen Parks, weshalb im Spätfrühling und im Sommer jeden Samstag die ganze Familie ran musste. Die Arbeit war nach alter Väter Sitte eingeteilt: Mutter und Tochter eilten mit dem Handrasenmäher hin und her und auf und ab, der Herr des Hauses und des Gartens thronte auf einem Minitraktor und kurvte gemächlich zwischen den Bäumen umher.

Aber das ist Vergangenheit. Unser Nachbar hat uns dieser Tage vorgeführt, wie die Zukunft aussieht: Er ließ einen Rasenmäherroboter durch sein Vorgärtchen fahren. Das staubsaugerähnliche Gerät tuckerte wie von Geisterhand exakt über vorgegebene Bahnen, drehte sich millimetergenau um die paar Büsche und ignorierte brav das Rosenbeet. Solche Akkuratesse hat etwas Unheimliches für jemanden, der gewissermaßen noch im Zeitalter der Sense aufgewachsen ist und sicher einige Kardinalfehler beim Roboter-Programmieren beginge. Vermutlich würden wir ihn so einstellen, dass er Büsche knickt, Rosen kappt und sich danach auf den Gehweg begibt, um Senioren oder Frauen mit Kinderwagen zu verfolgen.

Lustig ist das alles nicht, denn Roboter sind nicht bloß im Gärtchen auf dem Vormarsch. Sie sortieren schon Waren in Lagerhallen, ersetzen Krankenschwestern, übernehmen das Lenkrad in Autos und schreiben Zeitungsartikel. Als im März vorigen Jahres die Erde in Kalifornien bebte, verfasste ein Software-Programm namens Quakebot die erste Meldung für die Los Angeles Times. Weil Roboterjournalisten mit ihren Schreibalgorithmen auf Sicht weniger kosten, grenzenlos belastbar sind und nicht mit eigener Meinung nerven, dürfte es nicht mehr so lange dauern, bis sich unsereiner ausschließlich dem Grasschneiden widmen kann. Falls es bis dahin überhaupt noch Handrasenmäher oder wenigstens Minitraktoren gibt.

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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