Pst, eigentlich sollte man ja nicht aus der Schule plaudern. In diesem Fall aber liegt es einfach nahe. Denn wir machen uns ein bisschen Sorgen. Darüber, zu was uns der Berufsstand noch alles treibt. Klar, wir haben ein trauriges Image: "Ein Journalist ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat", schrieb schon Deutschlands "Eiserner Kanzler" Bismarck. Und noch gemeiner formulierte es der Wiener Satiriker Karl Kraus: Journalisten zeichneten sich nicht nur dadurch aus, dass sie keine Gedanken hätten, sie müssten darüber hinaus auch fähig sein, diese nicht ausdrücken zu können. Dabei beweisen solche Gifteleien nur die Wichtigkeit dieses Berufsstandes: Journalisten sind im besten Falle Menschen, die Dinge aussprechen, die sich andere oft nicht auszusprechen trauen. Und sie müssen den Mut haben, auch unangenehme Botschaften zu überbringen.
Das tagein, tagaus zu schaffen, nagt natürlich auch an den Konfliktgehärtetsten unter uns. Und so bricht sich manchmal bei der Kollegin das genaue Gegenteil Bahn, was sich vor allem am Telefon beweist: Wenn sie sich bemüht, Menschen durch einen freundlichen Ton den Tag zu verbessern.
Doch neulich bahnte sich fast eine Tragödie an, die dunkle Seite der Freundlichkeit quasi. Ein Herr rief an und wollte eine Pizza ordern. Die Kollegin erklärte leicht amüsiert, dass er sich verwählt habe. Der Herr am anderen Ende der Leitung legte einfach wortlos auf. Direkt danach klingelte das Telefon erneut - wieder der Herr, dem die Kollegin erneut höflich mitteilte, dass er eine falsche Nummer gewählt habe. So ging das einige Male, bis der Anrufer dazu überging, nicht mehr wortlos aufzulegen, sondern wütend seine Bestellung zu fordern.
Man sah es der Kollegin an: Das nahm sie mit. Unabsichtlich hatte sie jemanden zornig gemacht. Und die Qual, die das verursachte, nährte den Verdacht. Als nämlich das nächste Mal das Telefon klingelte, war der Herr glücklich, die Kollegin auch. War sie etwa losgesaust, um eine Pizza auszuliefern - mit allem?