Mitten in Erding:Bambis Rache

Wer beim Essen kein Risiko eingehen und alles richtig machen will, für den wird es kompliziert. Vielleicht hilft ja ein freundliches Wort der Entschuldigung

Von Ingrid Hügenell

Essen ist gefährlich. Vor allem Fleischverzehrer leiden häufig unter latent schlechtem Gewissen, weil der Konsum von Rind, Schwein und Huhn als nicht sonderlich förderlich für die Gesundheit gilt - zu viel Cholesterin, überhaupt zu viel Fett, womöglich Antibiotika aus der Mast. Ein Kollege griff daher zur mageren Rehkeule. Doch auch die erwies sich als gefährlich, und das nicht, als er das Tier erlegte, sondern erst, als er die Keule selbst in der Pfanne mit heißem Butterschmalz platzierte. Er verbrannte sich dabei nämlich arg den Unterarm, was ein fachmännisch in der Notaufnahme angelegter Verband zeigt.

"Bambis Rache" lautete der ebenso lapidare wie herzlose Kommentar einer Kollegin, der, wir müssen es gestehen, zu allgemeiner Schadenfreude Anlass gab. Was aber tun? Rohkost drängt sich einem spontan als ebenso gesunde wie in der Zubereitung eher ungefährliche Alternative auf. Denn verbrennen kann man sich dabei sicher nicht. Dann fällt einem ein, wie man sich mit dem nagelneuen Messer trotz Warnung (Achtung, sehr scharf!) den halben Zeigefinger absäbelte, als man allzu beherzt eine Grapefruit halbieren wollte.

Die Rache der Pampelmuse? Und wie war das neulich bei der gelben Rübe, die man schabte und schnitt, bis der Daumen blutete? Hat Gemüse auch Gefühle? Brot vermutlich auch. Denn Geschichten, wie sich jemand mit Messer oder Schneidemaschine beinahe selbst verstümmelte, gibt es zuhauf, die Veteranen zeigen stolz ihre Narben.

Es gibt ja Leute, die nur essen, was sich praktisch freiwillig hergibt, einem also in die Hand purzelt. Offenbar wollen aber auch diese Früchte nicht wirklich verputzt werden. Manche sind nachgerade lebensgefährlich. Man denke an die Risiken, die eine Kokosnuss birgt! Wenn sie einem vom Baum auf den Kopf fällt. Oder vom Tisch auf den großen Zeh! Autsch. Wem beim Öffnen schon mal das Hackebeilchen ausgekommen ist, der weiß, dass diese Frucht von Rachegelüsten geradezu beseelt sein muss. Vielleicht sollte man es wie die amerikanischen Ureinwohner halten und sich bei seinem Essen dafür entschuldigen, dass man es verzehrt. Ein ernst gemeintes freundliches Wort kann schließlich manchen Groll aus der Welt schaffen.

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