Mitten in Erding:Aus Sicht der Amis

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Gesundheitsministerin Melanie Huml warnt vor übermäßigen Alkoholgenuss. Bier kann sie damit nicht gemeint haben

Von Gerhard Wilhelm

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hat sich vor kurzem zu Wort gemeldet und - so der offizielle Pressetext des Staatsministeriums - "bei Jugendlichen für den Verzicht auf Drogen wie Cannabis oder Crystal Meth geworben". Geworben. Also "Bittebitte nehmt keine Drogen" gesagt. Nett, denn eigentlich gibt es in Bayern ja eine Null-Toleranz-Politik. Aber dann hat sie noch etwas angefügt: "Feiern soll Spaß machen - aber nicht krank oder abhängig! Auch übermäßiger Alkoholkonsum ist nicht lustig, sondern falsch und gefährlich. Mein Ziel ist, dass Jugendliche stark genug sind, um auch bei möglichem Gruppenzwang ,Nein' zu sagen."

Rechtzeitig vor dem Beginn der Biergarten- und Volksfestsaison ist sie damit so manchem Politikerkollegen und zahlreichen Festwirten in die Parade gesprungen, denn Bier schloss sie beim Thema Alkohol nicht aus. Und was ist das Größte bei Volksfesten? Erstens: Ozapft is! Dann: Hoch die Krüge, ein Prosit auf die Gemütlichkeit! Schwoam mas owe! Also wenn das kein Gruppenzwang ist, den auch die Prominenz - darunter zahlreiche Politiker - von der Bühne herunter ausübt, was dann? Und wehe man wagt es, den Krug unten zu lassen. Schon wird man von diversen Banknachbarn dezent darauf aufmerksam gemacht, dass man doch bitte kein Spielverderber sein soll. Sprich: der eigene Krug mit Vehemenz gerammt.

Aber die bayerische Gesundheitsministerin kann das Bier gar nicht gemeint haben mit ihrer Aussage. Denn Bier ist in Bayern kein Alkohol sondern Grundnahrungsmittel, so wie der Leberkäs oder die Weißwürste. Weiß doch jeder. Da kann einem von zu viel vielleicht schlecht werden, aber man wird nicht krank. Von eine Sucht auf Leberkäs oder Weißwurst im medizinischen Sinne ist jedenfalls nichts bekannt.

Andererseits liefert die Huffington Post, eine sehr bekannte und verbreitete US-amerikanische Onlinezeitung, die sich für keinen Quatsch zu schade ist, eine mögliche Erklärung für Humls Fauxpas in ihrem Artikel "16 Dinge, die in Bayern eine total andere Bedeutung haben als in Deutschland". Denn sogar die Amerikaner wissen: Bier ist "Grundnahrungsmittel. Nur echt in 1-Liter-Maßkrügen". Und zweitens: Preußen ist "mehr oder weniger alles, was nördlich von München liegt, insbesondere auch Franken". Schreibt die Huffington Post, wir zitieren nur. Und wo kommt sie her, die Huml? Bamberg, wo sie heuer sogar die Kerwa in den Sand gesetzt haben. Und aufgewachsen ist sie in Hallstadt. Also in Oberfranken, was an die Bundesländer Sachsen und Thüringen grenzt. Die Frau ist also gar keine Bayerin, was sogar die Amis wissen. Immerhin hat sie nur vor "übermäßigem Alkoholkonsum" gewarnt. Aber nachdem Bier eh kein Alkohol ist . . .

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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