Mitten in Dorfen:Rabauken im Park

Eine Elsternsippschaft schüchtert Hauskatzen ein - mit gutem Grund

Von Thomas Daller

Rabenvögel sind in die Städte zurückgekehrt; in Erding haben sich die Krähen des Stadtparks bemächtigt, in Dorfen hat sich eine Sippschaft von Elstern im Isenauenpark breit gemacht. Diebische Elstern nennt man sie auch, seit der italienische Komponist Gioacchino Rossini die Oper "La gazza ladra" geschrieben hat. Darin landet das arme Dienstmädchen Ninetta im Kerker, weil es einen Silberlöffel gestohlen haben soll. Der wahre Täter: eine diebische Elster, zugleich der deutsche Name des Stücks. Aber diebisch sind diese Vögel gar nicht. Uns haben sie noch keinen Kaffeelöffel vom Balkontisch gestohlen, obwohl sie täglich Gelegenheit dazu hätten. Wissenschaftler der britischen Universität Exeter haben in einem Experiment die Elstern von diesem Vorwurf entlastet. Das komische Glitzerzeug, das man ihnen angeboten hatte, interessierte die Elstern kaum. Sie schienen sich vor diesen fremden Dingen eher zu ängstigen, verhielten sich zurückhaltender und pickten weniger von dem angebotenen Futter.

Da ist also erst mal eine Entschuldigung fällig, wobei festzuhalten ist, dass die Vögel wohl ehrlich sind, aber auch ganz ordentliche Rabauken. Wenn ihnen Amseln oder Katzen in die Quere kommen, dann kann so eine Elsternfamilie ganz schön pampig werden. Bei den Amseln ist es offenbar Futterneid, wenn sie ihnen einen fetten Wurm vor dem Schnabel wegschnappen. Andererseits konnten wir schon Elstern beobachten, die auf Katzen losgegangen sind, als die eine Amsel belauerten. Aus nächster Distanz ließen sie ein Schimpfkonzert los und versuchten sogar die Mieze zu picken, wenn sie den Kopf abwandte. Ein rauhes "Schak" oder "Krak" sei ihre Stimme, schrieb der alte Alfred Brehm, das oftmals auch verbunden werde und dann wie "Schakerak" klinge. Das kommt ganz gut hin. Brehm wies auch darauf hin, dass die Elster" ihre Schwingen nur gebraucht, wenn sie muss". Die meiste Zeit gehe sie umher wie ein Rabe, dabei bewege sie ihren langen Schwanz wippend, wie es Drosseln oder Rotkehlchen tun.

Das ruppige Auftreten dieser gefiederten Spaziergänger macht sich jetzt bezahlt, wenn die Jungen flügge werden. Kürzlich hat eines den ersten Ausflug aus dem Nest gemacht und dann Probleme bekommen, wieder zurück zu fliegen. Unbeholfen hopste es über den Rasen, flog ein Stückchen auf einen Zaun hoch und dann ließen die Kräfte doch nach, bevor es einen der unteren Äste erreichen konnte. Die Elternvögel waren in heller Aufregung: "Schakerak, Schakerak, Schakerak", zeterten sie in einem fort.

Minutenlang war das Kleine in höchster Gefahr, aber keine der zahlreichen Hauskatzen am Isenauenpark ließ sich blicken. Die hatten offenbar ihre Lektion bereits gelernt, dass man sich mit empörten Elstern besser nicht anlegt. Schließlich nahm der kleine Vogel alle Kraft zusammen und rettete sich auf den Nestbaum. Elstern sind offenbar nicht nur ehrliche Tiere, sondern auch sehr liebevolle und mutige Eltern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: