Mitten in der Region:Treppensteigen fürs Herz

Manche Arbeitgeber raten liebevoll zur Körperertüchtigung

Von Annalena Ehrlicher

Geht man von einer Arbeitswoche aus, die fünf Tage à acht Stunden umfasst, verbringen Angestellte zirka vierzig Stunden zuzüglich etwaiger Mittagspausen an ihrer jeweiligen Arbeitsstelle. 168 Stunden hat eine Woche, zirka fünfzig davon verstreichen, während man schlafend in der Horizontalen liegt - zieht man dazu dann noch die vierzig Stunden Arbeit ab heißt das: es bleiben etwa 78 Stunden zur freien Verfügung. Das bedeutet, dass die arbeitende Bevölkerung in diesen verbleibenden 78 Stunden sämtliche Aktivitäten unterbringen muss, die für Seelen- und Körperhygiene unabdingbar sind. Beispielsweise für Sport: Die Glücklichen, deren Arbeits- und Wohnstätte nicht all zu weit auseinanderliegen, können den Weg zur Dienststelle zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen - und haben somit wenigstens einige Minuten körperlicher Ertüchtigung pro Tag. Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel bleibt wenigstens der Weg zum Bahnhof oder zur Bushaltestelle für ein bisschen Bewegung. Den Autofahrern unter den Arbeitnehmern geht selbst das ab. Zum Sportmachen bleibt daneben, rechnet man Überstunden, soziale und familiäre Verpflichtungen sowie Hobbys, die Stillsitzen beinhalten, dazu, nur ein trauriger Rest der 78 freien Stunden übrig. Da kann es kaum verwundern, dass das Statistische Bundesamt einen prozentualen Anstieg der Fettleibigkeit festgestellt hat. 14 Prozent der Bevölkerung wurde im Jahr 2013 als adipös eingestuft, was bedeutet, dass ein Body-Mass-Index von mehr als 30 vorliegt. Herz- und Kreislauferkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen für vorzeitige Sterblichkeit. Wohl denjenigen also, die einen Arbeitgeber haben, dem die Gesundheit seiner Kolleginnen und Kollegen am Herzen liegt. Der Sport und Berufstätigkeit zusammenbringt. Der liebevoll zur Körperertüchtigung ermahnt. Einen Arbeitgeber wie das Rathaus Ebersberg: Hier wird den Mitarbeitern in einem fünf Punkte enthaltenden Papier das Treppensteigen schmackhaft gemacht. Direkt neben dem Aufzug bekommen Mitarbeiter sowie Rathaus-Gäste erklärt, inwiefern sich dieses positiv auf den Körper auswirkt: Der Puls sinkt merklich, die Wadenmuskulatur wird gestärkt ebenso das Herz, was zu einem leistungsfähigeren Kreislauf führt. Für alle, die sich vor lauter Aufzugfahren nur noch vage entsinnen, wie Treppen korrekt genutzt werden, gibt es sogar eine kleine Grafik. Chapeau, liebes Rathaus, für so viel Fürsorge. Da kann sich der ein oder andere Arbeitgeber mal getrost eine - fettfreie! - Scheibe abschneiden.

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